Entscheidungsstichwort (Thema)
Sperrung einer Landstraße als Mangel der vermieteten Gaststätte
Leitsatz (amtlich)
1. In einem Mietvertrag kann auch eine Vereinbarung, mit welcher die Miete für einen zwischenzeitlich vergangenen Zeitraum herabgesetzt war, noch Bedeutung für die Zukunft haben und daher der gesetzlichen Schriftform des § 550 BGB bedürfen.
2. Die zeitweise Sperrung einer Landstraße, die durch ein Ausflugsgebiet führt und an welcher eine vermietete Gaststätte liegt, kann einen Mietmangel darstellen, wenn die Attraktivität des Mietobjekts gerade auf seiner besonderen Lage in diesem Ausflugsgebiet beruht und diese daher als Teil der vertraglichen Vereinbarungen anzusehen ist. Die Duldungspflicht für den Eigentümer gemäß § 906 BGB ist dabei ohne Bedeutung.
Normenkette
BGB § 535 Abs. 1, § 536 Abs. 1, §§ 550, 906
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Entscheidung vom 15.09.2016; Aktenzeichen 8 O 229/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden - 8. Zivilkammer - vom 15.9.2016 (Az.: 8 O 229/15) hinsichtlich des Ausspruchs zur Widerklage teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefaßt:
Die Kläger werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte 6.878,80 EUR nebst 8 % Zinsen aus 2.927,60 EUR seit dem 5.10.2015 sowie aus jeweils 1.975,60 EUR seit dem 5.11.2015 und dem 4.12.2015 zu zahlen.
Im übrigen wird die Berufung der Kläger zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden - 8. Zivilkammer - vom 15.9.2016 (Az.: 8 O 229/15) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu 20 % und die Beklagte zu 80 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 33.568,10 EUR festgesetzt, nämlich 7.551,05 EUR für die Berufung der Kläger und 26.017,05 EUR (24.000,- EUR + 2.017,05 EUR) für die Berufung der Beklagten.
Gründe
I. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:
Die Kläger sind Mieter, die Beklagte ist Vermieterin des Gasthauses A, bestehend aus dem Gebäude und Außenflächen, ..., Stadt1, gemäß Mietvertrag vom 21.8.2009. Die Parteien schlossen schriftliche Nachtragsvereinbarungen zu dem Vertrag. Auf die Ankündigung längerfristiger Straßensperren, welche die Zufahrt zu dem Gasthaus über die Landesstraße ... beeinträchtigten, hin erklärten die Kläger mit Schreiben vom 20.6.2015, das Mietverhältnis außerordentlich zum Ende September 2015, hilfsweise ordentlich zum Jahresende bzw. zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen. Die Sperrung der Straße begann am 7.9.2015. Seit dem 20.9.2015 ist die Gaststätte geschlossen. Von Oktober 2015 an zahlten die Kläger keine Miete mehr. Mit ihrer Klage verlangen sie Feststellung der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31.12.2015, hilfsweise zum 31.8.2016. Soweit sie zunächst Feststellung der Beendigung des Vertrags zum 30.9.2015 verlangt hatten, haben die Parteien erstinstanzlich den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit ihrer Widerklage verlangt die Beklagte Zahlung der Mieten für den Zeitraum von Oktober bis einschließlich Dezember 2015. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird zunächst auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 15.9.2016, den Klägern zugestellt am 11.10.2016, der Beklagten zugestellt am 13.10.2016, festgestellt, daß der Vertrag vom 21.8.2009 über die Nutzung des gastronomischen Betriebes "Gasthaus A", ..., Stadt1, zum 31.12.2015 beendet wurde. Auf die Widerklage der Beklagten hin hat es die Kläger verurteilt, an die Beklagte 7.551,05 EUR nebst 8 % Zinsen aus 3.231,05 EUR seit dem 5.10.2015 sowie aus jeweils 2.160,05 EUR seit dem 5.11.2015 und dem 4.12.2015 zu zahlen. Die weitergehende Widerklage hat es abgewiesen.
Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Mietvertrag sei durch die mit Schreiben der Kläger vom 20.6.2015 erklärte ordentliche Kündigung zum 31.12.2015 beendet worden. Die Laufzeitregelung in § 2 Abs. 2 des Vertrages stehe der ordentlichen Kündigung nicht entgegen, da der Vertrag mangels Einhaltung des Schriftformerfordernisses des § 550 BGB als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gelte mit der Folge der ordentlichen Kündbarkeit. Zwar hätte die Anlage, in welcher die Parkplätze gekennzeichnet worden seien, mit dem Vertrag nicht fest verbunden werden müssen, da in dem Vertrag eindeutig auf die Anlage Bezug genommen sei. Auch die Ergänzungsvereinbarung vom 3.5.20112 über die zeitweilige Reduzierung des Mietzinses erfülle das Schriftformerfordernis, da sie in ihrer Überschrift und im Text einen eindeutigen Bezug zum Hauptvertrag herstelle. Die weitere Ergänzungsvereinbarung vom 29.5.2013 erfülle das Schriftformerforderni...