Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung und Zurückverweisung wegen fehlerhafter Übertragung auf Einzelrichter
Leitsatz (amtlich)
Ein in erster Instanz unterlaufener Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aufgrund einer fehlenden und nicht mehr nachholbaren Unterschrift unter den Übertragungsbeschluss auf den Einzelrichter nach § 348a ZPO führt nur bei Vorliegen auch der übrigen Voraussetzungen nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Ausgangsgericht.
Normenkette
ZPO §§ 348a, 538
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 10.11.2021; Aktenzeichen 5 O 145/19) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 10. November 2021 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Berufungsurteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in entsprechender Höhe des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit geleistet hat.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin als Bestellerin begehrt von dem Beklagten als Werkunternehmer den Ersatz von Mehrkosten und Schadensersatz nach fünf Teilkündigungen eines zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrages.
Die Klägerin, für die die X tätig war, errichtete das Y-Center in Stadt1. Mit Auftragsschreiben vom 22. Dezember 2016 beauftragte die Klägerin den Beklagten als Inhaber der Firma Z unter Einbeziehung der VOB/B und einem entsprechenden Leistungsverzeichnis mit diversen Bodenbelagsarbeiten in den von ihr errichteten Gebäuden, wobei insoweit auf die Anlage K1 Bezug genommen wird.
Der Beklagte teilte nach vorangegangenem Schriftverkehr zwischen den Parteien mit Schreiben vom 5. Juli 2017 (Anlage K9, Bl. 145 d. A.) gegenüber der Klägerin mit, dass er bis spätestens zum 24. Juli 2017 mit der Bauausführung beginne. An diesem Tag erschien der Beklagte jedoch nicht auf der Baustelle. Die Klägerin wies mit E-Mail vom selben Tag den Beklagten darauf hin, dass er nach dem Terminplan an diesem Tag mit seinen Arbeiten beginnen solle (Anlage K10). Der Beklagte meldete mit Schreiben vom 26. Juli 2017 Bedenken hinsichtlich der Restfeuchte des Estrichs an und teilte mit, dass das vorgesehene Parkett derzeit nicht lieferbar sei, wobei insoweit auf die Anlage B2 Bezug genommen wird. Mit Schreiben vom 1. August 2017 forderte die Klägerin den Beklagten erfolglos auf, mit den Bodenbelagsarbeiten im Bereich der Säle im 2. OG in Halle 2 mit Frist bis zum 4. August 2017 zu beginnen. Ferner wurde der Beklagte aufgefordert, die Baustelle mit Arbeitskräften, Geräten und Baustoffen so zu bestücken, dass mit der Arbeit in der Frist begonnen werden könne (Anlage K2). Mit E-Mail vom 4. August 2017 teilte die BGG mit, dass die vom Beklagten ebenfalls gerügten Aufschüsselungen beseitigt worden seien. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte sie wegen der Restfeuchte des Estrichs dem Beklagten ferner ihre Messergebnisse mit und stellte die Belegreife fest (Anlage B5).
Mit Schreiben vom 9. August 2017 forderte die Klägerin den Beklagten sodann erneut auf, bis zum 11. August 2017 mit den Bodenbelagsarbeiten im 2. OG der Halle 2 zu beginnen und die Arbeiten bis zum 28. August 2017 fertig zu stellen. Die Klägerin führte aus, dass der Estrich die für den Baubeginn erforderliche Restfeuchte aufweise, und wies die Bedenken des Beklagten zurück (Anlage K3). Mit Schreiben vom 15. August 2017 setzte die Klägerin dem Beklagten eine Frist zum Beginn der Verlegarbeiten und zur Lieferung des Eichenparketts für die Säle im 2. OG der Halle 2 bis zum 17. August 2017. Die Klägerin wies den Beklagten nach erneuten Messungen darauf hin, dass die Belegreife des Estrichs aufgrund geringer Restfeuchte gegeben sei. Die Restfeuchte betrage nur 1,7 %. Die Klägerin kündigte für den Fall des fruchtlosen Ablaufs der Frist die Kündigung des Vertrags an sowie die Beauftragung von Drittfirmen und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen (Anlage K4). Mit Schreiben vom 16. August 2017 meldete der Beklagte erneut Bedenken an (Anlage B4), teilte aber mit Schreiben vom 17. August 2017 der Klägerin mit, dass er trotz Bedenken "heute" die Arbeiten aufnehmen werde (Anlage B9). Die Klägerin wies die Bedenken zurück und kündigte mit Schreiben vom 18. August 2017 dem Beklagten den Auftrag im Bereich der Säle im 2. OG in Halle 2 (Anlage K5).
Mit Schreiben vom 13. September 2017 aktualisierte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Ausführungstermine bezüglich der noch ausstehenden Bodenbelagsarbeiten (Anlage B15). Mit Schreiben vom 4. Oktober 2017 teilte der Beklagte unter Bezugnahme auf ein Gespräch vom selben Tag mit, dass er vertragskonform und vertragsgemäß seine Leistungen erbringen werde (Anlage K19, Bl. 119 d. A.).
Nach weiterem Schriftverkehr setzte die Klägerin dem Beklagt...