Leitsatz (amtlich)

Hemmung der Verjährung durch selbständiges Beweisverfahren.

 

Normenkette

BGB § 204 Abs. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Urteil vom 29.01.2008; Aktenzeichen 2 O 388/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.01.2011; Aktenzeichen VII ZR 186/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Gießen - 2. Zivilkammer - vom 29.1.2008 (2 O 388/07) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin EUR 175.253,52 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.9.2007 zu zahlen.

Die Beklagten tragen die Kosten beider Instanzen unter Einschluss der Kosten der Streithelferin der Klägerin.

Die Streithelferin der Beklagten zu 1) trägt ihre Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Vollstreckung der Klägerin und der Streithelferin der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des nach dem urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin bzw. die Streithelferin der Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Beschwer der Beklagten beträgt 175.253,52 EUR.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Die Klägerin nimmt die Beklagten mit der am 28.9.2007 zugestellten Klage auf Schadensersatz aus Holzbauarbeiten in Anspruch, die von der Beklagten zu 2) in Auftrag geben, von der Beklagten zu 1) ausgeführt und von den Beklagten zu 2) bis 4) geplant und überwacht wurden. Die Beauftragung der Beklagten zu 2) umfasste die Leistungsphasen 1-9 des § 15 HOAI. In § 18 war eine Verjährungsfrist von 5 Jahren ab Abnahme der Leistungsphase 8 vereinbart. In der Beauftragung der Beklagten zu 1) mit der Ausführung der Holzarbeiten war eine Verjährungsfrist von 5 Jahren vereinbart. Während der Bauarbeiten kam es zu einem Regenwassereinbruch, auf Grund dessen Trocknungsarbeiten durch die Streithelferin der Beklagten zu 1) ausgeführt wurden. Die Klägerin nahm das Werk ab und begann mit der Nutzung, die Beklagte zu 1) stellte ihre Schlussrechnung, die Zahlungsfreigabe durch die Beklagte zu 2) erfolgte. Es kam sodann zu Absenkungen am Dach, die durch Feuchtigkeitsschäden am Holz hervorgerufen worden waren. Die Klägerin beantragte die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die Beklagten zu 1) und 2). Die Antragsschrift wurde diesen formlos mitgeteilt, der antragsgemäß ergangene Beweisbeschluss wurde am 29.11. bzw. 2.12.2003 förmlich zugestellt.

Die Klägerin hat die Beklagten zu 1) und 2) im Wege der Gewährleistung und die Beklagten zu 3) und 4) als haftende Gesellschafter der Beklagten zu 2) auf Schadensersatz i.H.v. EUR 175.253,52 wegen Mangelhaftigkeit der Werke in Anspruch genommen.

Das LG, auf dessen Urteil zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, hat die Klage abgewiesen. Es hat die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht, jedoch die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durchgreifen lassen, weil der während des Laufs der Verjährungsfristen gestellte Antrag der Klägerin auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens den Antragsgegnern und nunmehrigen Beklagten nicht förmlich zugestellt worden sei (§ 204 Abs. 1 Ziff. 7 BGB) und daher keine verjährungshemmende Wirkung habe entfalten können.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt und die Wertungen des LG rügt, welches u.a. nicht darauf eingegangen sei, dass der dem Antrag nachfolgende Beweisbeschluss förmlich zugestellt worden sei. Im Berufungsverfahren ist die Streithelferin der Klägerin dem Rechtsstreit beigetreten.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten und Berufungsbeklagten zu 1) bis 4) unter Aufhebung des am 29.1.2008 verkündeten Urteil des LG Gießen (Az. 2 O 388/07) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 175.253,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (28.9.2007) zu zahlen.

Die Streithelferin der Klägerin schließt sich diesem Antrag an.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.

Die Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg und führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten (§§ 13 Nr. 5 (2) VOB/B, 634 Abs. 1 und 2, 635 BGB a.F., 128 BGB analog, 421 HGB).

Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich dabei aus der zutreffenden Begründung des landgerichtlichen Urteils (dort S. 6, 3. Absatz), die die Beklagten im Berufungsverfahren unbeanstandet gelassen haben.

Zu Unrecht geht das LG allerdings von einer Verjährung der Ansprüche aus. Gemäß § 204 Abs. 1 Ziff. 7 BGB tritt Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Antrages auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens ein. Eine solche förmliche Zustellung des Antrages fehlt hier unstreitig, was das LG zum Anlass genommen hat, mit eingehender Begründung und unter Auseinandersetzung...

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