Leitsatz (amtlich)

1. Wird der bis zur Einführung der Wertpapiere und bis zum Ablauf der Zeichnungsfrist richtige und vollständige Prospekt auf Grund nachfolgender Ereignisse ergänzungsbedürftig, dann rechtfertigt eine unterlassene oder unzureichende Aktualisierung keine Börsenprospekthaftung gem. §§ 44, 55 BörsG.

2. Der Börsenprospekt muss dem Anleger das Verständnis bilanzieller Zusammenhänge nicht erst vermitteln.

3. Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) wird nicht schon dadurch begründet, dass das Unternehmen eine Ad-hoc-Mitteilung über die Deutsche Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität mbH in Frankfurt am Main hat verbreiten lassen.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 17.01.2003; Aktenzeichen 3/7 O 10/01)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 17.1.2003 verkündete Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche aus Börsenprospekthaftung und weiteren Anspruchsgrundlagen geltend.

Die Beklagte zu 1) ist eine Aktiengesellschaft, deren satzungsmäßiger Gegenstand den Vertrieb von Fernseh- und Heimvideorechten sowie Tonträger-, Fernseh- und Musikproduktionen einschließlich Merchandising und Produktionen umfasst. Seit dem 30.10.1997 wurden ihre Aktien an der Frankfurter Wertpapierbörse mit Zulassung zum geregelten Markt und Notierung im Neuen Markt gehandelt.

Der Beklagte zu 2), der Gründer des Unternehmens, war ihr Hauptaktionär und bis zum 25.7.2001 Vorsitzender des Vorstands der Beklagten. Im Oktober 1999 hielt er etwa 57,5 % der bis dahin ausgegebenen 108.625.000 Aktien der Beklagten zu 1).

Der Beklagte zu 3), ein Bruder des Beklagten zu 2), der ebenfalls ein größeres Aktienpaket hielt, hatte bis zum 3.12.2000 das Amt des Finanzvorstands bei der Beklagten zu 1) inne.

Nachdem die Hauptversammlung der Beklagten zu 1) vom 22.7.1999 u.a. beschlossen hatte, den Vorstand zu ermächtigen, das Grundkapital der Beklagten zu 1) um bis zu 10.862.500 Euro durch Ausgabe neuer Aktien gegen Bareinlage zu erhöhen, und der Vorstand von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht hatte, begleiteten die seinerzeit noch unter ... firmierende Beklagte zu 4) und die ... als Konsortialführer die Emission. Grundlage des Angebots für zunächst 9.462.500 Inhaberstammaktien aus der am 10.11.1999 in das Handelsregister eingetragenen Barkapitalerhöhung war ein erstmals am 23.10.1999 veröffentlichter Verkaufsprospekt und zugleich Unternehmensbericht, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Anlage K 1 zur Klageschrift im Sonderordner).

Der Verkaufsprospekt bezog sich außerdem auf weitere bis zu 1.400.000 Stammaktien aus einer ggf. durchzuführenden zusätzlichen Barkapitalerhöhung im Hinblick auf eine dem Bankenkonsortium gewährte Mehrzuteilungsoption ("Greenshoe").

Nach Ablauf der vom 25.10. bis 8.11.1999 dauernden Zeichnungsfrist wurden die 9.462.500 Aktien am 11.11.1999 zum geregelten Markt mit Handel im Neuen Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen. Die Aufnahme des Handels erfolgte am 12.11.1999. Von der Mehrzuteilungsoption wurde in vollem Umfang Gebrauch gemacht. Die weiteren 1.400.000 Aktien wurden nach Zulassung am 2.12.1999 ab dem 3.12.1999 gehandelt. Sämtliche Aktien wurden vor Handelsaufnahme gezeichnet. Der Ausgabekurs belief sich auf 45 Euro je Aktie mit Ausnahme von Privatanlegern, denen ein Rabatt von 0,50 Euro je Aktie eingeräumt wurde. Die 9.462.500 Aktien wurden bis zum 2.12.1999 unter der besonderen Wertpapierkennnummer (WKN) 568481, danach wie alle Aktien der Beklagten zu 1) unter der einheitlichen WKN 568480 gehandelt.

Nach den Angaben im Verkaufsprospekt war der Erlös der Kapitalerhöhung dafür bestimmt, den Erwerb von Geschäftsanteilen an der T.-Gruppe des Kaufmanns Dr. K. zu finanzieren, der am 15.9.1999 - aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises - erfolgt war. Die T.-Gruppe war u.a. zu 34 % an dem Sender tm3 beteiligt, der die Fernsehübertragungsrechte für die Spiele der Fußball-Champions-League für 1999/2000 und 2000/2001 sowie Optionen für zwei weitere Spielzeiten hielt.

Zeitgleich mit der Kapitalerhöhung war am 23.10.1999 eine Wandelschuldverschreibung der Beklagten zu 1) über bis zu 500.000.000 Euro bekanntgegeben worden (Bl. 185 d.A.), deren Ausgabe durch die Beklagte zu 4) als alleinige Emissionsbank im Februar 2000 erfolgte.

Der Kurs der Aktie der Beklagten zu 1) stieg Anfang 2000 stark an und erreichte im Februar 2000 seinen Höchststand von etwa 115 Euro, sank dann bis Oktober 2000 auf etwa 60 Euro, um gegen Jahresende auf Werte unter 10 Euro zu fallen. Wegen der Einzelheiten des Kursverlaufs wird auf Bl. 81 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin erwarb am 22.3.2000 über ihre Bank 130 Aktien der Beklagten zu 1) zum Kurs von 99,49 Euro für insgesamt 13.042,80 Euro (25.296,12 DM). Zuzüglich Provision (189,72 DM), Courtage (20,24 DM) und Börsenspesen (3,42 DM) zahlte sie 25.509,50 DM. Die P...

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