Leitsatz (amtlich)
VW-Dieselskandal: Keine Haftung von VW für sittenwidrige Abgas-Manipulation bei Gebrauchtwagenkauf im März 2016
Normenkette
BGB § 826
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 12.02.2019; Aktenzeichen 13 O 332/18) |
Tenor
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Die Berufung des Klägers gegen das am 12.2.2019 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf 20.328,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt im Rahmen des sog. Abgasskandals von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs eines Pkw Skoda Modell1, der mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet ist.
Der Kläger erwarb am 16.3.2016 von der X GmbH in Stadt1 einen gebrauchten Skoda Modell1 zu einem Kaufpreis von 24.000,00 EUR. Herstellerin des Dieselmotors des streitgegenständlichen Pkw war die Beklagte.
Am 4.8.2017 ließ der Kläger ein von der zuständigen Behörde, der Vehicle Certification Agency (im Folgenden "VCA"), genehmigtes Software-Update auf den Pkw aufspielen, durch das die Abgasrückführung nur noch in einem einheitlichen Betriebsmodus arbeitet und damit die sog. Umschaltlogik beseitigt worden ist (vgl. Anlagen B 1 und B 2, Bl. 130 ff. d. A.).
Am 22.9.2015 - mithin rund ein halbes Jahr vor dem streitgegenständlichen Kauf - hatte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung gemäß § 15 WpHG mit folgendem Inhalt veröffentlicht:
"Volkswagen treibt die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck voran. [...] Weitere bisherige interne Prüfungen haben ergeben, dass die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Diesel-Fahrzeugen des Volkswagen Konzerns vorhanden ist. [...] Auffällig sind Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen. Ausschließlich bei diesem Motortyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt. Volkswagen arbeitet mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen. [...]".
Am selben Tag informierte der Vorstandsvorsitzende der Beklagten hierüber in einer Pressekonferenz.
Anfang Oktober 2015 informierte die Beklagte ihr Händlernetz über die Softwareproblematik und wies die Händler an, alle Gebrauchtwagenkäufer über das Vorhandensein der Umschaltlogik aufzuklären. Sie informierte hierüber ferner - wie gerichtsbekannt - die Skoda Auto Deutschland GmbH, die diese Information am 23.9.2015 an ihre Vertriebspartner weitergab.
Die Beklagte richtete außerdem Anfang Oktober auf ihrer Homepage eine Internetseite ein, auf der jeder durch Eingabe der Fahrzeugidentifikationsnummer überprüfen kann, ob das betreffende Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist. Hierüber informierte die Beklagte in einer Pressemitteilung vom 2.10.2015. Über die Internetseite wurde außerdem in zahlreichen Medien öffentlich berichtet. Auch die Skoda Auto Deutschland GmbH stellte auf ihrer Homepage eine entsprechende Internetseite zur Ermittlung der individuellen Betroffenheit zur Verfügung, worüber ebenfalls in einer Pressemitteilung berichtet wurde.
Am 15.10.2015 ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt gegenüber der Beklagten an, 2,4 Millionen Dieselfahrzeuge wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen zurückzurufen. Auch hierüber informierte die Beklagte in einer Pressemitteilung vom selben Tag. Mitte Dezember 2015 kündigte die Beklagte öffentlich an, im Januar die vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordnete Rückrufaktion zu starten. Im Februar 2016 schrieb die Beklagte alle betroffenen Halter an und informierte sie über die anstehende Rückrufaktion und die Umsetzung durch Aufspielen eines Softwareupdates.
Der gesamte Abgasskandal war darüber hinaus ab September 2015 Gegenstand einer ausführlichen und umfangreichen Medienberichterstattung.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 192 ff. d. A.) Bezug genommen.
Mit am 12.2.2019 verkündetem Urteil (Bl. 191 ff. d. A.), dem Kläger zugestellt am 5.3.2019, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB scheide aus, denn es fehle bereits an einer Täuschung des Klägers durch die Beklagte. Im Übrigen sei eine etwaige Täuschung auch nicht kausal für die Kaufentscheidung des Klägers gewesen. Es liege auch keine Täuschung durch Unterlassen vor, denn der Kläger habe von der Beklagten nicht über...