Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohngebäudeversicherung: Leistungsfreiheit durch arglistige Obliegenheitsverletzung des Versicherungsmaklers

 

Normenkette

BGB § 166; VVG § 28

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Urteil vom 13.06.2022; Aktenzeichen 2 O 71/21)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 13.12.2023; Aktenzeichen IV ZR 12/23)

 

Tenor

Das am 13.06.2022 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Gießen - Aktenzeichen: 2 O 71/21 - wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Nebenintervenient hat seine Kosten selbst zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird nach § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 232ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist im Rahmen der streitgegenständlichen Wohngebäudeversicherung aus dem Schadenereignis vom 27.05.2018 bedingungsgemäßen Deckungsschutz zu gewähren und die bedingungsgemäßen Leistungen zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage zulässig sei. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage stehe nicht entgegen, dass der Kläger seinen Zahlungsanspruch beziffern könnte. Streitgegenständlich sei nicht die Höhe des Zahlungsanspruchs, sondern das Fortbestehen des Versicherungsvertrags und die grundsätzliche Leistungspflicht der Beklagten. Da unstreitig eine Sanierung des Schadens nicht stattgefunden habe, stünden zudem auch die endgültigen Kosten nicht fest, sodass diese zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht bezifferbar seien. Anknüpfungstatsachen, dass der Kläger auf Gutachtenbasis abrechnen wolle oder habe abrechnen wollen, seien nicht vorhanden, würden auch von der Beklagten selbst nicht dargelegt und/oder behauptet. Dann ergäbe nämlich auch die Einreichung von tatsächlichen Sanierungsrechnungen keinen Sinn. Der Beklagten, die hierfür darlegungs- und beweispflichtig sei, stehe weder ein Leistungsverweigerungsrecht zu noch gebe es einen Kündigungsgrund, der die Kündigung des Versicherungsvertrags durch die Beklagte habe wirksam werden lassen. Die Beklagte stütze sowohl ihr Leistungsverweigerungsrecht als auch den Kündigungsgrund auf eine arglistige Täuschung durch den Kläger. Eine solche liege zur Überzeugung des Landgerichts nach der durchgeführten Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstandes einschließlich der zur Akte gereichten Unterlagen nicht vor. Eine arglistige Täuschung setze sowohl objektiv falsche Angaben als auch einen Täuschungsvorsatz voraus. Ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger selbst gegenüber der Beklagten keine Erklärungen abgegeben habe, sei schon zweifelhaft, ob überhaupt objektiv falsche Angaben darüber, dass die Arbeiten bereits erbracht, die Anlagen Rechnungen und diese bereits bezahlt seien, vorlägen. Objektiv falsch seien nämlich nur die Angaben aus der E-Mail des Maklerbüros, dass es sich bei den Anlagen um Rechnungen handele und diese bezahlt seien. Die Anlagen der E-Mail hingegen ließen keine objektiv falschen Angaben im Hinblick darauf, dass es sich um Rechnungen handele, erkennen. Die Anlagen seien vielmehr erkennbar keine Rechnungen. Sie enthielten weder ein Rechnungsdatum, noch ein Datum, an welchem die Arbeiten durchgeführt worden wären, noch eine Rechnungsnummer, die schon aus steuerlichen Gründen erforderlich wäre. Die Beklagte selbst hätte auf diese vermeintlichen Rechnungen gar keine Leistungen erbringen können, ohne sich möglicherweise strafrelevant zu verhalten, denn wenn die Unterlagen tatsächlich Rechnungen wären, würden sie sich nicht zur Angabe der Einnahmen beim Finanzamt eignen, sodass der Verdacht vorläge, die Leistungen könnten in Schwarzarbeit erbracht worden sein. Die E-Mail des Maklerbüros könnte im Falle einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung vielmehr wegen eines - sogar erkennbaren - Erklärungsirrtums anfechtbar sein oder wegen ihrer Widersprüchlichkeit keine Rechtswirkungen entfalten. Selbst wenn man aber hierin eine objektiv falsche Angabe sehen wollte, habe es immer noch an der weiteren Voraussetzung des Täuschungsvorsatzes gefehlt. Hier habe die Beweisaufnahme nicht nur nicht ergeben, dass ein Täuschungsvorsatz vorgelegen habe, sondern es stehe zur Überzeugung des Landgerichts fest, dass weder der Kläger, noch ihm in irgendeiner Weise zurechenbar der Mitarbeiter des Maklerbüros mit Täuschungsvorsatz gehandelt oder eine Täuschung der Beklagten auch nur billigend in Kauf genommen hätten. Schon der zur Akte gereichte Schriftverkehr zwischen dem Kläger bzw. dessen Ehefrau und dem Maklerbüro führe zur Überzeugung des Landgerichts dazu, dass je...

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