Entscheidungsstichwort (Thema)

Schutzwirkung der BGB-InfoV im Hinblick auf die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Unternehmer kann sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht.

 

Normenkette

BGB-InfoV § 14 Abs. 1 Anl 1, Abs. 3 Fassung: 2004-12-07; BGB §§ 13, 187 Abs. 1, §§ 195, 288, 291, 348, 355 Abs. 2 S. 1, §§ 357, 358 Abs. 2-4

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Urteil vom 07.01.2011)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7.1.2011 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Gießen abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.676,- EUR zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.9.2010.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin aus dem Darlehensvertrag vom ... 11.2005/... 11.2005 keine Ansprüche zustehen.

3. Die Verurteilung in Ziff. 1. und 2. erfolgt Zug um Zug jeweils gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung der Klägerin an der A über einen Beteiligungsbetrag von 30.000,- EUR.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages leistet.

7. Die Revision wird nicht zugelassen

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Rückabwicklung aufgrund Widerrufs eines Finanzierungsvertrages hilfsweise Schadensersatzansprüche wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Zeichnung einer Beteiligung an der A geltend. Bezüglich des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen (Bl. 154 - 156 d.A.).

Das LG hat die Klage abgewiesen (Bl. 153 ff. d.A.).

Gegen dieses der Klägerin am 12.1.2011 zugestellte Urteil (Bl. 165 d.A.) hat sie am 2.2.2011(Bl. 173 d.A.) Berufung eingelegt und dieses Rechtsmittel am 11.3.2011 begründet (Bl. 193 ff.).

Zunächst macht die Berufung geltend, dass entgegen den Ausführungen des LG die Beklagte nicht bewiesen habe, dass die Klägerin von dem ihr zustehenden Widerrufsrecht Kenntnis erlangt habe. Der von der Klägerin unterschriebene Kenntnisnahmevermerk (Anl. K2) verstoße nämlich gegen § 309 Nr. 12b BGB. Wenn die Empfangsbestätigung jedoch gegen AGB-Recht verstoße, könne sie keinen Beweis für die tatsächliche Kenntnisnahme von der Widerrufsbelehrung liefern.

Des Weiteren macht die Berufung geltend, dass die Widerrufsbelehrung sowohl gegen die gesetzlichen Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB verstoße als auch nicht vollständig mit der Musterwiderrufsbelehrung nach § 14 Abs. 1 und 3 der BGB-InfoV übereinstimme. Die Berufung ist der Ansicht, dass die Begründung des LG, warum die Zusätze und Ergänzungen unbeachtlich seien, im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung fehlerhaft sei.

Bezüglich des hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruchs trägt die Berufung vor, dass die Beklagte durch ihre Rolle als schuldübernehmende Bank einen zusätzlichen Vertrauenstatbestand für die Anleger geschaffen habe. Aus dieser besonderen Stellung der Beklagten ergebe sich gegenüber der Klägerin auch ein Wissensvorsprung, welchen sie sich aufgrund ihrer Einbindung in das Fondskonzept nicht erst habe beschaffen müssen. Es sei ein Prospektfehler gegeben, da das Fondsprospekt das steuerliche Risiko in Bezug auf die Schuldübernahme unzutreffend bzw. überhaupt nicht wiedergebe.

Die Klägerin beantragt,

1. a) die Beklagte unter Abänderung des am 7.1.2011 verkündeten Urteils des LG Gießen, Az. 3 O 312/10, zu verurteilen, an die Klägerin 8.676,50 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit 1.5.2010 sowie

aus weiteren 9.011,05 EUR, hieraus seit 30.12.2009 bis 30.4.2010 sowie

aus weiteren 9.608,40 EUR, hieraus seit 13.5.2009 bis 29.12.2009 sowie

aus weiteren 10.803,09 EUR, hieraus seit 30.12.2008 bis 12.5.2009, sowie

aus weiteren 14.387,17 EUR, hieraus seit 1.5.2008 bis 29.12.2008, sowie

aus weiteren 14.938,22 EUR hieraus seit 1.2.2008 bis 30.4.2008, sowie

aus weiteren 15.820,80 EUR hieraus seit 17.11.2005 bis 31.1.2008,

zu bezahlen,

b) die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin aus ihren Verpflichtungen gegenüber der B aus dem Fremdfinanzierungsvertrag vom ... 11.2005/... 11.2005 über einen Nennbetrag i...

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