Entscheidungsstichwort (Thema)

Möglichkeiten des Insolvenzverwalters bei Doppelwirkung einer Leistung

 

Normenkette

BGB § 767; InsO §§ 129, 134, 143

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 13.06.2018; Aktenzeichen 1 O 451/15)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Auf die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 13.06.2018, Aktenzeichen: 1 O 451/15, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 10.875,35 festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A KG (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin) in Anspruch.

Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Stadt1 vom 01.10.2012 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin bestellt (vergleiche Anl. K1 im Anlagenband).

Die Insolvenzschuldnerin überwies von ihrem Bankkonto im Zeitraum 02.04.2012 bis 02.08.2012 insgesamt Euro 22.875,35 an die B KG (nachfolgend: B KG).

Die Insolvenzschuldnerin tilgte hierdurch entsprechende Verbindlichkeiten der C GmbH (nachfolgend: C GmbH) gegenüber der B KG.

Die Beklagte hatte am 21. Juli 2011 zu Gunsten der B KG eine Bürgschaft für alle Forderungen gegenüber der C GmbH aus Warenlieferungen bis zu einem Höchstbetrag von Euro 30.000,00 ausgereicht. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anl. K4 im Anlagenband verwiesen.

Die C GmbH hatte zur Besicherung der Bürgschaftsverpflichtungen ein Guthaben auf einem Festgeldkonto i.H.v. Euro 12.000,00 an die Beklagte abgetreten. Nach Ausgleich der Forderungen der VP KG und anschließender Rückgabe der Bürgschaft gab die Beklagte diese Sicherheit frei.

Mit der Klage macht der Kläger einen Anspruch auf Rückgewähr in Höhe der von der Insolvenzschuldnerin gezahlten Beträge abzüglich des Betrages der freigegebenen Sicherheit, mithin i.H.v. Euro 10.875,35 geltend.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Klageanträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht Wiesbaden hat der Klage mit Urteil vom 13.06.2018 stattgegeben.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückgewähr in beantragter Höhe gemäß den §§ 143 Abs. 1 S. 1, 134 InsO habe.

Durch die von der Insolvenzschuldnerin veranlassten Zahlungen seien die Insolvenzgläubiger benachteiligt worden.

Die Beklagte habe durch die vorgenommenen Zahlungen die Befreiung von der bestehenden Bürgschaftsverpflichtung erlangt, ohne dass sie einen Anspruch gegenüber der Insolvenzschuldnerin auf Tilgung der Verbindlichkeiten hatte oder eine Gegenleistung zu Gunsten der Insolvenzschuldnerin erfolgt sei.

Die seitens der Insolvenzschuldnerin getilgten Forderungen seien wirtschaftlich wertlos gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit der C GmbH sei gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO zu vermuten, weil diese ihre Zahlungen eingestellt habe.

Aufgrund der Wertlosigkeit der getilgten Forderung hätte grundsätzlich die B KG eine unentgeltliche Leistung erlangt. Für diese seien die getilgten Forderungen jedoch deshalb nicht wertlos gewesen, weil sie für den Fall des Forderungsausfalls auf die Beklagte als Bürgin hätte zurückgreifen können. Aufgrund dessen sei die unentgeltliche Leistung an die Beklagte erfolgt. Diese sei durch die Zahlungen der Insolvenzschuldnerin unentgeltlich von der bestehenden Bürgschaftsverpflichtung befreit worden, ohne dass dem ein Anspruch gegenüber der Insolvenzschuldnerin auf Tilgung der Verbindlichkeiten oder eine Gegenleistung zu Gunsten der Insolvenzschuldnerin gegenüberstand.

Gegen dieses der Beklagten am 19.06.2018 zugestellte Urteil richtet sich die am 11.07.2018 eingelegte und mit Schriftsatz vom 29.08.2018 binnen verlängerter Frist begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Sie ist der Ansicht, dass keine Leistung der Insolvenzschuldnerin an die Beklagte im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO vorliege. Sie verweist auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Juli 2018 (Az.: IX ZR 1237/17) wonach es an einer Leistung der Insolvenzschuldnerin an den Empfänger fehle, wenn es für den Empfänger nicht erkennbar war, dass eine Leistung der Schuldnerin vorliegt.

Sie verweist darauf, dass sie in die Zahlungsvorgänge nicht eingebunden gewesen sei, noch hierüber informiert wurde. Als sie die Originalbürgschaftsurkunde ohne Inanspruchnahme zurückerhielt, habe sie zu diesem alltäglichen Vorgang keine Veranlassung gehabt, Nachforschungen anzustellen. Aus der Warte der Beklagten habe bei objektiver Bewertung keine Leistung der Insolvenzschuldnerin an sie vorgelegen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt:

Das Endurteil des LG Wiesbaden vom 13.06.2018 - 1 O 451/145 - wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt:

Die Berufung der Beklagten wird zurückge...

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