Entscheidungsstichwort (Thema)
Markenrecht: Zulässigkeit der Wiedergabe bekannter Kraftfahrzeugmarken auf Spielzeug- und Modellautos
Leitsatz (amtlich)
Die Wiedergabe bekannter Kraftfahrzeugmarken auf Spielzeug- oder Modellautos stellt grundsätzlich eine unzulässige Ausnutzung der Wertschätzung dieser Marken dar. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn es sich bei dem Modell um eine detailgetreue Nachbildung des Originalfahrzeugs handelt. Eine originalgetreue Nachbildung in diesem Sinn liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die Form des Modells vom Original abweicht, wenn die wiedergegebenen Marken abweichend gestaltet sind oder wenn dem Modell weitere Marken hinzugefügt werden.
Normenkette
UMV Art. 9 Abs. 1c
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.05.2018; Aktenzeichen 2-6 O 352/17) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.05.2018 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das im Tenor des angefochtenen Urteils unter I. 1. e) befindliche Wort "insbesondere" entfällt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 280.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 280.000 EUR leistet.
Gründe
I. Wegen des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Die Beklagte zu 1) ist Herstellerin von Spielzeugmodellautos und der Beklagte zu 2) ist ihr Vorstand. Die Klägerin geht gegen die Beklagten wegen des Vertriebs diverser Modellautos aus ihren berühmten, für Automobile eingetragenen Unionsbildmarken sowie ihre Unions-Wort-/Bildmarke Ferrari vor. Außerdem verlangt sie von der Beklagten zu 1) wegen Verstoßes gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot es zu unterlassen, auf Spielzeug- und/oder Modellrennwagen, die mit Zeichen versehen sind, welche den Union-Bildmarken der Klägerin ähneln, das Zeichen "Cartronic" aufzubringen.
Das Landgericht hat erkannt wie folgt:
(Von der Darstellung wird aus technischen Gründen abgesehen - die Red.)
Die Zuerkennung der auf Markenrecht gestützten Ansprüche hat das Landgericht damit begründet, bei den Fahrzeug-Klagemarken handele es sich um in der Union bekannte Marken im Sinne von Artikel 9 Abs. 2 Nr. 3 UMV. Die Beklagten hätten die Wertschätzung dieser Marken in unlauterer Weise und ohne rechtfertigenden Grund ausgenutzt. Ein berechtigtes Interesse an der Verwendung der streitgegenständlichen Zeichen ergebe sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Opel-Blitz-II". Danach habe die Markeninhaberin das mit einer wirklichkeitsgetreuen Nachbildung möglicherweise verbundene Maß an Verwechslungsgefahr hinzunehmen. Auf diese Rechtfertigung könnten sich die Beklagten bereits deswegen nicht berufen, weil auf dem Verletzungsmodell mehrfach die eigene Marke der Beklagten zu 1) "Cartronic" aufgebracht sei. Im Übrigen wichen die streitgegenständlichen Modellautos teilweise auch in ihrer äußeren Gestaltung von den Original-Kraftfahrzeugen, die mit den Klagemarken gekennzeichnet seien, ab.
Die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche seien begründet, weil zwischen den Parteien ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe und das Anbringen der eigenen Marke "Cartronic" auf einem Teil der Modelle anstelle der Marke des Hauptsponsors X bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise die irrige Vorstellung hervorrufe, die Beklagte zu 1) sei offizieller Sponsor der Klägerin.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagten vertreten die Auffassung, das Landgericht interpretiere die Entscheidung "Opel-Blitz-II" des BGH zu eng. Es komme nicht entscheidend darauf an, ob ein Spielzeugmodellauto sich bis ins kleinste Detail als eine verkleinerte Ausgabe des Original-Rennwagens darstelle. Entscheidend sei vielmehr, ob es sich bei dem Spielzeugauto nach der Wahrnehmung des Durchschnittsverbrauchers um eine wirklichkeitsgetreue Nachbildung handele. Auf den Umstand, dass die Beklagte zu 1) auf einigen Modellen ihrer Spielzeugautos ihre eigene Marke "Cartronic" aufbringe, könne es schon deshalb nicht ankommen, weil hierdurch die Markenrechte der Klägerin nicht beeinträchtigt werden könnten. Die auf Wettbewerbsrecht gestützten Ansprüche bestünden nicht, weil es an einer Irreführungsgefahr fehle und das insoweit begehrte Verbot bereits durch die Zuerkennung der markenrechtlichen Ansprüche realisiert sei.
Die Beklagten beantragen,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.
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