Leitsatz (amtlich)
Missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch Beharren auf im Wettbewerb ausgehandelten Vertragsansprüchen bei langfristigen Vertragsbeziehungen.
Normenkette
GWB § 19 Abs. 1, 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Frankfurt/M. - 6. Zivilkammer - vom 28.8.2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Parteien streiten um die kartellrechtliche Zulässigkeit von Entgeltforderungen für die Nutzung von Kabelkanälen.
Die Klägerin betreibt Breitbandkabelnetze, über die sie ihren Kunden analoges und digitales Fernsehen sowie Telekommunikationsdienstleistungen (Breitbandinternetzugänge und Telefonie) anbietet. Die Beklagte betreibt in Deutschland ein flächendeckendes Telekommunikationsnetz und bietet ebenfalls Breitbandinternetzugänge, Telefonie und digitales Fernsehen an.
Die Klägerin nutzt für ihre Breitbandkabelnetze die Rohrzüge innerhalb der Kabelkanalanlagen der Beklagten. Diese Situation ist wie folgt entstanden:
Das Breitbandkabelgeschäft wurde ursprünglich von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der "A AG" betrieben. Aufgrund von EU-Vorgaben über eine rechtliche Trennung zwischen Kabel- und Telekommunikationstätigkeiten sowie im Hinblick auf den beabsichtigten Verkauf ihrer Kabelnetze brachte die "A AG" das Breitbandkabelgeschäft Ende 1998 in eine Tochtergesellschaft, die X. GmbH, O1 (X alt) ein. Im Jahr 2001 erfolgte eine Regionalisierung durch Ausgliederung und Abspaltung des Breitbandkabelgeschäfts auf Tochtergesellschaften der X alt ("Regionalgesellschaften"). In den Jahren 2000 und 2001 verkaufte die Beklagte die Regionalgesellschaften in den Bundesländern BL1, BL2 und BL3 an unterschiedliche Käufer. Die Klägerin, die von einer Investorengruppe zu diesem Zweck gegründet worden war, erwarb im Frühjahr 2003 die verbleibenden Regionalgesellschaften einschließlich deren Anlagenvermögen, das im Wesentlichen aus den Breitbandkabelnetzen bestand. Die Kabelkanalanlagen verblieben im Eigentum der Beklagten.
Für die Breitbandkabel, die in den Kabelkanalanlagen der Beklagten liegen, gestattete die Beklagte schon der X-alt und anschließend den Regionalgesellschaften - konzernintern - die Weiternutzung in einem sog. Term Sheet Nr. 1. Gegenstand des Term Sheet Nr. 1 ist die Überlassung der Rohrkapazitäten, in denen die Breitbandkabel liegen. Die Vergütungsregelungen des Term Sheet Nr. 1 wurden im Jahr 2002 neu gefasst und anlässlich des Erwerbs des Breitbandkabelnetzes durch die Klägerin von den Parteien im Jahr 2003 erneut verhandelt. Die Vereinbarung sieht zugunsten der Klägerin ein Recht zur ordentlichen Kündigung mit einer Kündigungsfrist von 12 Monaten und zugunsten der Beklagten eine Anpassung der vereinbarten Vergütung bei Kostensteigerungen ab 2007 vor. Ferner ist eine Anpassung der Preise bei Änderungen des Leistungsumfangs vorgesehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1 - K 5 Bezug genommen. Unstreitig hat es eine Preiserhöhung durch die Beklagte bislang nicht gegeben.
Der Zugang zu einem Teil der Kabelkanalanlagen der Beklagten, der die sog. "letzte Meile" (Hausanschlüsse) betrifft, ist nach den Regeln des Telekommunikationsgesetzes entgeltreguliert. Die von der Bundesnetzagentur im Jahre 2010 insoweit festgesetzten Preise liegen bei etwa bei einem Drittel des von der Beklagten in den streitgegenständlichen Preisvereinbarungen verlangten Entgeltes. Die Klägerin meint, ihr stehe ein Anspruch auf Vertragsanpassung und Rückzahlung überzahlter Beträge zu, da die Vergütungsvereinbarung nach dem Term Sheet Nr. 1 gem. §§ 134 BGB, 19 GWB nichtig sei. Die zu zahlende Vergütung übersteige den hypothetischen Wettbewerbspreis nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB n.F. Hierdurch werde sie, die Klägerin in ihren Wettbewerbsmöglichkeiten ohne sachlich gerechtfertigten Grund erheblich beeinträchtigt (§ 19 Abs. 2 Ziff. 1 GWB n.F.), unbillig behindert und ungleich behandelt (§ 20 Abs. 1 GWB n.F.).
Bei der beantragten Neufestsetzung des zu zahlenden Entgeltes orientiert sich die Klägerin an dem von der Bundesnetzagentur ermittelten Betrag von 1,08 EUR je Viertelrohrmeter zzgl. eines Erheblichkeitszuschlages von 5 % (1,134 EUR je Viertelrohrmeter) und meint, der darüber hinausgehende Betrag gemäß der Vereinbarung nach Term Sheet Nr. 1 (=... EUR je Viertelrohrmeter) sei unangemessen und unwirksam. Darüber hinaus verlangt sie Rückzahlung ihrer diesen Betrag übersteigenden Zahlungen ab 1.1.2004.
Das L...