Leitsatz (amtlich)

Verjährung von Transportschäden.

 

Normenkette

HGB § 439 Abs. 2 S. 3; BGB §§ 126, 126a, 126b

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.06.2008)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 13. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. vom 11.6.2008 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I. Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.1. Die Berufung ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, da die angefochtene Entscheidung nicht auf einem Rechtsfehler beruht und nach § 529 Abs. 1 ZPO abweichend von der ersten Instanz zugrunde zu legende Tatsachen fehlen oder keine andere Beurteilung veranlassen (§ 513 Abs. 1 ZPO.

2. Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 17.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.9.2007 aus §§ 425 HGB, 67 a.F. VVG, 291, 288 Abs. 1 BGB zu.

a) Der Abschluss eines Frachtvertrages zwischen der Firma A, deren Haftpflichtversicherer die Klägerin war, und der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig. Gleiches gilt für den eingetretenen Transportschaden und die geltend gemachte Schadenshöhe von 17.000 EUR, welche die Klägerin für die Firma A beglichen hat. Streitig ist zwischen den Parteien allein das Eintreten der Verjährung, auf welches sich die Beklagte beruft.

b) Die geltend gemachte Forderung aus §§ 425 HGB, 67 a.F. VVG ist nicht verjährt.

aa) Gemäß § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB verjähren Transportschäden in einem Jahr, wobei gem. § 439 Abs. 2 Satz 1 HGB die Verjährungsfrist grundsätzlich mit dem Ablauf des Tages beginnt, an dem das Gut abgeliefert wurde. Dies war vorliegend der 1.6.2005. Hiernach wäre die Verjährung am 1.6.2006 eingetreten und hätte deshalb durch die Streitverkündung an die Beklagte im Vorprozess am 7.7.2006 nicht mehr unterbrochen werden können.

Abweichend von § 439 Abs. 2 Satz 1 HGB beginnt die Verjährung von Rückgriffsansprüchen jedoch erst mit dem Tag, an welchem der Rückgriffsgläubiger den (Haupt-)Anspruch befriedigt hat, es sei denn, der Rückgriffsschuldner wurde nicht innerhalb von drei Monaten, nachdem der Rückgriffsgläubiger Kenntnis von dem Schaden und der Person des Rückgriffsschuldners erlangt hat, über diesen Schaden unterrichtet. Im Gegensatz zur Meinung der Beklagten sind die Voraussetzungen dieser Ausnahme vorliegend erfüllt.

bb) Denn die Klägerin macht einen Rückgriffsanspruch geltend. Der Schaden trat ursprünglich bei der Empfängerin des Gutes, der Firma B ein. Diese (bzw. ihre Versicherung) nahm die Firma A in Anspruch. Nach Übergang der Forderung gem. § 67 a.F. VVG nimmt nun die Klägerin die Beklagte in Regress.

cc) Die Anwendung des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB scheitert auch nicht daran, dass die Beklagte nicht binnen drei Monaten unterrichtet wurde. Vielmehr geschah diese noch am Schadenstag, dem 1.6.2005. Denn unstreitig erhielt die Beklagte noch an diesem Tag Kenntnis von dem Schaden durch den von der Firma B auf dem Speditionsauftrag aufgebrachten Vermerk, für dessen Inhalt auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, S. 2 (Bl. 45 d.A.), Bezug genommen wird. Der Wortlaut des Gesetzes bestimmt nicht, durch wen der Rückgriffsschuldner (also hier die Beklagte) unterrichtet werden muss.

Der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/1014, 49) folgend wird in der Literatur jedoch überwiegend angenommen, dass die Mitteilung durch den Regressgläubiger zu erfolgen hat (vgl. z.B. Ebenroth/Boujong/Joost/Gass, HGB, § 439 Rz. 21; Andresen/Valder, Speditions-, Fracht- und Lagerrecht, 700 § 439 Rz. 27; Fremuth/Thume, Kommentar zum Transportrecht, § 439 HGB, Rz. 23; Koller, Transportrecht, 6. Aufl., HGB § 439 Rz. 25). Auch dies war vorliegend jedoch der Fall. Denn wie die durchgeführte Beweisaufnahme ergeben hat, rief der Mitarbeiter der Firma A Z1 noch am 1.6.2005 den Dispositionsleiter der Beklagten Z2 an und meldete ihm den Schaden.

Zwar hat der Zeuge Z2 in seiner Vernehmung am 25.6.2009 bekundet, dass er sich nicht an ein Telefongespräch mit dem Zeugen Z1 erinnern, vielmehr ein solches definitiv ausschließen könne. Jedoch hat der Zeuge Z1 in seiner Vernehmung am 20.8.2009 sehr lebhaft, spontan und detailreich Anlass und Inhalt des Telefongesprächs geschildert. Aufgrund der Spontaneität und des Detailreichtums der Aussage des Zeugen Z1 ist das Gericht von der Wahrheit seiner Aussage überzeugt. Es erscheint kaum möglich, dass der Zeuge Z1 seine gemachten ausführlichen Angaben erfunden hat. Auch die gestellten Nachfragen konnte er überzeugend beantworten. Das Gericht sieht seine Aussage daher als glaubwürdig an. Demgegenüber erscheint es eher möglich, dass der Zeuge Z2 - wie er dies zunächst auch ausgesagt hat - sich an das streitgegenständliche Telefongespräch nicht mehr erinn...

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