Entscheidungsstichwort (Thema)

Diesel-Skandal: Kein Anspruch bei Modell mit Motor EA288

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.09.2021; Aktenzeichen 2-04 O 308/20)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20.01.2021 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.176,05 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger verlangt von der Beklagten Schadenersatz in Bezug auf einen von ihm am 16.03.2018 als Gebrauchtfahrzeug erworbenen Pkw Audi A3 1.6 TDI, der mit einem von der Beklagten entwickelten Motor vom Typ EA288 ausgestattet ist.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine emissionswirksame Fahrkurvenerkennung habe der Kläger lediglich ins Blaue hinein behauptet, dasselbe gelte für eine Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts durch die Beklagte. In Bezug auf das sog. Thermofenster fehle es an der Sittenwidrigkeit.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers; die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Auf die weitere Darstellung tatsächlicher Feststellungen sowie der Anträge wird gem. §§ 313a Abs. 1 S. 1, 540 Abs. 2 ZPO verzichtet. Da die Revision nicht zugelassen wurde und da der Wert der Beschwer 20.000 EUR nicht überschreiten kann, ist ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig, §§ 542 Abs. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

a) Ein Anspruch aus § 826 BGB i. V. m. § 31 BGB steht dem Kläger nicht zu. Nach dem Vortrag der Parteien ist keine Manipulation des Motors festzustellen. Insbesondere ist auch das durch den Kläger beantragte Sachverständigengutachten nicht einzuholen, weil er nur rein spekulativ und insbesondere im Hinblick auf den substantiierten Gegenvortrag der Beklagten sowie auf die sich aus den Auskünften des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) aus dem März und dem Dezember 2020 ergebenden Erkenntnisse nicht hinreichend substantiiert vorgetragen hat. Greifbare Anhaltspunkte für den klägerischen Vortrag fehlen in Ermangelung von konkreten Anknüpfungstatsachen völlig (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 7. Oktober 2020 - 4 U 171/18 -, Rn. 51 und 59 m.w.N., zitiert nach juris).

Zu berücksichtigen ist insoweit insbesondere, dass das Kraftfahrt-Bundesamt für den Motor EA 288 bis heute keinen einzigen Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung angeordnet hat. Dies ergibt sich aber deutlich aus seiner Auskunft vom 12. November 2020 in einem gerichtlichen Verfahren (Anlage B8b), wonach im Rahmen der "sehr umfassende[n] Untersuchungen" des KBA weder bei dem dort streitgegenständlichen Fahrzeug noch "noch bei einem anderen Fahrzeug" mit dem Motor EA 288 eine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt wurde.

Zwar ist das Vorliegen einer Manipulation nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil es noch nicht zu Rückrufen gekommen ist. Wenn aber wie vorliegend noch über fünf Jahre nach der Aufdeckung des Dieselskandals in sämtlichen Modellen mit dem Motor EA 288 nach umfassenden Untersuchungen keine einzige unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt wurde (vgl. OLG Frankfurt am Main, a.a.O., Rn. 45), genügt als Anhaltspunkt für eine Manipulation nicht einfach eine konträr zu diesem Untersuchungsergebnis stehende klägerische Behauptung (im Ergebnis ebenso OLG Oldenburg, Urteil vom 19. März 2021 - 6 U 328/20 -, Rn. 61-67; ähnlich OLG Bamberg, Urteil vom 21. April 2021 - 8 U 246/20 -, Rn. 19 - 21, jew. zitiert nach juris). Vielmehr müsste ein konkreter Umstand vorgetragen werden, aus dem sich jedenfalls die nicht nur theoretische Möglichkeit ableiten lässt, das Untersuchungsergebnis sei unzutreffend und das Fahrzeug manipuliert. Solche konkreten Umstände enthält der klägerische Vortrag nicht.

Zwar hat das Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln, Urteil vom 20. November 2020 - 19 U 22/20 -, zitiert nach juris) einen bei oberflächlicher Betrachtung ähnlichen Fall an das Landgericht zurückverwiesen, weil kein Vortrag "ins Blaue hinein" vorgelegen haben soll. Als hinreichende Anhaltspunkte wurden dort durch Recherchen des SWR im September 2019 aufgedeckte angebliche Ungereimtheiten angesehen. Die ursprüngliche Einschätzung, es sei beim Motor EA 288 nicht zu Manipulationen gekommen, könne daher durchaus überholt sein. Die Berichterstattung deute darauf hin, dass das KBA seine frühere Haltung revidiert oder dies zumindest erwogen habe (a.a.O., Rn. 43 f.).

Der Einschätzung des Oberlandesgerichts Köln kann hier im Hinblick auf die klaren Mitteilungen des KBA über ein Jahr nach den Medienberichten aber nicht beiget...

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