Leitsatz (amtlich)
1. Der Werkunternehmer muss einen Verstoß gegen die Regeln der Technik auch dann vertreten, wenn die fehlerhafte Ausführung auf eine ausdrückliche Anweisung des Bestellers zurückgeht, er den Besteller aber nicht über den Regelverstoß beraten hat.
2. Die Höhe der Schadensgrenze kann zwar auch nach dem bekannten merkantilen Minderwert des Werkes bemessen werden, der Auftraggeber des Werkunternehmers ist hierauf aber nicht beschränkt, sondern wird auch durch § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich nicht daran gehindert, als Schadensersatz die Kosten der Mängelbeseitigung zu verlangen. In diesen Fällen kann dem Unternehmer eine entsprechende Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB helfen.
Normenkette
BGB §§ 251, 633-635
Verfahrensgang
LG Marburg (Aktenzeichen 1 O 376/97) |
Tatbestand
Der Kläger betrieb in O1 ein Heizungs- und Installationsgeschäft. Im Auftrag der Beklagten installierte er in deren Dreifamilienwohnhaus in O2 im Jahre 1992 u.a. eine Heizungsanlage. Die Beklagte nahm die Werkleistung des Klägers am 28.11.1992 ab. Den vom Kläger für die durchgeführten Heizungs- und Sanitärinstallationsarbeiten geltend gemachten Werklohn glich die Beklagte bis auf einen Restbetrag i.H.v. etwa 6.000 DM aus. Weitere Zahlungen verweigerte sie unter Hinweis auf angebliche Mängel der Arbeiten.
Mit der im Mai 1995 erhobenen Klage hat der Kläger von der Beklagten Zahlung restlichen Werklohnes i.H.v. 6.000 DM verlangt. Gegenüber dieser Forderung verteidigte sich die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 29.6.1995 mit der Behauptung, sämtliche Heizleitungen von den Unterverteilungen zu den einzelnen Heizkörpern in allen Etagen des Dreifamilienhauses vom Kellergeschoss bis zum Dachgeschoss seien direkt auf dem Rohbeton verlegt und dort angedübelt worden, was bei dem verwendeten Rohr-in-Rohr-System, bei dem das Heizleitungsrohr ohne jegliche Isolierung lediglich in einem Schutzrohr verlegt werde, nicht den Regeln des Fachs entspreche. Richtig gewesen wäre es, die Heizleitungen auf und nicht unter der Estrichdämmung zu verlegen, damit die Heizleitungen ihre Wärme nicht in die Betondecke und damit in die darunter liegende Wohnung, sondern in den Estrich und damit in die Wohnung, die die Heizkörper beheizen sollen, abgeben werde. Eine Mängelbeseitigung durch Neuverlegung aller Heizleitungen erscheine jedoch wirtschaftlich unsinnig und sei auch für die Beklagte selbst mit unzumutbaren Belästigungen verbunden, weshalb sie keine Nachbesserung verlange, sondern einen zur Mängelbeseitigung erforderlichen Betrag i.H.v. 15.000 DM der Restwerklohnforderung der Klägerin entgegenhalte.
Der Kläger behauptete demgegenüber, die Heizleitungen seien fachgerecht insbesondere entsprechend der DIN 18560 verlegt worden. Das zunächst angerufene AG Marburg beauftragte gemäß Beweisbeschluss vom 1.3.1996 den Heizungsbaumeister 1 mit der Erstellung eines Gutachtens über die Behauptung der Beklagten, die Heizungsleitungen seien nicht fachgerecht verlegt. Der Sachverständige führte am 26.11.1996 einen Ortstermin durch, bei dem er zu erkennen gab, dass die Mängelrüge der Beklagten begründet sei. Mit Telefax vom 26.11.1996 erklärte der Kläger, die Klage zurückzunehmen. Die Beklagte erhob mit Schriftsatz vom 26.11.1996 Widerklage mit dem Antrag, den Kläger zur Zahlung von 10.000 DM zzgl. Rechtshängigkeitszinsen zu verurteilen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Betrag von 10.000 DM werde als Teilbetrag einer Schadensersatzforderung bezüglich der Kosten für die Neuverlegung der Heizungsleitungen geltend gemacht, weil eine Nachbesserung durch die Klägerin oder einen anderen Unternehmer unzumutbar sei.
Mit Schriftsatz vom 28.4.1997 stimmte die Beklagte der Klagerücknahme des Klägers zu.
Aufgrund eines weiteren Beweisbeschlusses des AG Marburg vom 30.6.1997 erstellte der Sachverständige 1 unter dem 17.9.1997 sein Gutachten, in dem er ausführte, die Heizleitungen seien nicht fachgerecht verlegt, weil die Schutzrohre entgegen der DIN 18380/3.2.7 auf dem Rohfußboden angedübelt worden seien, weshalb die Heizungsrohre sich auch in den Schutzrohren nicht ungehindert ausdehnen könnten. Darüber hinaus fehle die nach der DIN 18380/3.2.12 erforderliche Wärmedämmung der Rohre. Die Kosten der Mängelbeseitigung einschließlich der Nebenarbeit errechnete der Sachverständige i.H.v. 81.622,40 DM.
Die Beklagte erweiterte daraufhin die Widerklage zunächst auf Zahlung von 40.000 DM und letztlich mit Schriftsatz vom 12.11.1997, der dem Kläger am 18.11.1997 zugestellt wurde, auf Zahlung von 90.000 DM. Zur Begründung führte sie aus, mit der Widerklage werde nunmehr der vom Sachverständigen 1 errechnete Aufwand für die Mängelbeseitigung i.H.v. 81.622,40 DM und darüber hinaus ein Teil der Kosten i.H.v. 8.377,60 DM geltend gemacht, die bei einer Nachbesserung anfielen, weil das Haus während der Nachbesserung nicht bewohnbar sei, weshalb die sechs Bewohner des Hauses für die Dauer der Mängelbeseitigung, die mit mindestens sechs Wochen zu veranschlagen sei, in einem Hotel untergebr...