Entscheidungsstichwort (Thema)
Bankenhaftung: Vorsätzliche Falschberatung durch unterlassene Aufklärung über negativen Marktwert des Swaps
Leitsatz (amtlich)
1. Im Jahre 2007 konnte ein Kreditinstitut davon ausgehen, über den von ihm in neuen Swap-Vertrag einstrukturierten anfänglichen negativen Marktwert nicht aufführen zu müssen.
2. Die Vorsatzvermutung ist jedenfalls aufgrund des Fehlens jeglicher, eine derartige Aufklärungspflicht bejahende höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung widerlegt.
Normenkette
BGB § 280; WpHG § 37a
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.02.2016; Aktenzeichen 2-7 O 312/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin zu 2 wird das Urteil des LG Frankfurt am Main vom 19.2.2016, Az. 2-07 O 312/11, teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2) 425.122,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 119.212,98 EUR seit 18.5.2011, aus 13.958,39 EUR seit 4.7.2011, aus 12.401,28 EUR seit 3.10.2011, aus 12.386,11 EUR seit 2.1.2012, aus 13.301,16 EUR seit 2.4.2012, aus 16.263,72 EUR seit 2.7.2012, aus 17.106,88 EUR seit 2.10.2012, aus 19.320,- EUR seit 2.1.2013, aus 19.070,- EUR seit 2.4.2013, aus 19.150,44 EUR seit 2.7.2013 und aus 162.951,09 EUR seit 2.9.2013 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2 außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 6.191,27 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage gegen die Klägerin zu 2 abgewiesen und die weiter gehende Berufung zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerin zu 1 gegen das Urteil des LG Frankfurt am Main vom 19.2.2016, Az. 2-07 O 312/11, wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Klägerin zu 1 80 % und die Beklagte 20 %. Die Klägerin zu 1 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt die Klägerin zu 1 80 %, im Übrigen trägt die Beklagte ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin zu 2 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zu 2 vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Klägerin zu 1 kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die Berufung wird auf 2.098.316,12 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerinnen machen gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Abschluss von drei Swap-Geschäften geltend.
Konkret geht es zunächst um einen von der Klägerin zu 1 am 2.7.2007 abgeschlossenen A Swap, der unter dem 14.1.2011 vorzeitig aufgelöst wurde; dabei wurde ein Teil seines negativen Marktwerts in einen zugleich abgeschlossenen Zinssatzswap eingebracht, der ebenfalls streitgegenständlich und noch nicht beendet ist. Zudem steht ein von der Klägerin zu 2 im Juni 2008 abgeschlossener WechselSwap im Streit.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils (Bl. 1241 ff. d.A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, hinsichtlich des A Swaps der Klägerin zu 1 könne dahinstehen, ob der Beklagten eine Verletzung von Pflichten aus einem Anlageberatungsvertrag vorzuwerfen sei; der Durchsetzung eines etwaigen klägerischen Anspruchs stehe jedenfalls die Einrede der Verjährung nach § 37a WpHG a.F. entgegen. Für eine vorsätzliche Pflichtverletzung der Beklagten habe die Klägerin zu 1 keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte vorgebracht.
Auch hinsichtlich des Zinssatzswaps könne dahin stehen, ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen sei, da eine Beratungspflichtverletzung nicht feststellbar sei. Die Empfehlung des Zinssatzswaps erweise sich als anlegergerecht. Ziel der Klägerin zu 1 sei es gewesen, den aktuellen Verlust aus dem A Swap über einen längeren Zeitraum auszugleichen. Der gewählte Zinssatzswap sei auch geeignet gewesen, dieses Ziel zu erreichen. Die Beklagte habe substantiiert dargelegt, dass zum damaligen Zeitpunkt mit einem steigenden Zinsniveau zu rechnen gewesen sei, so dass die Empfehlung des Zinssatzswaps im Hinblick auf das konkrete Anlageziel aus der ex-ante-Sicht vertretbar gewesen sei. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass dieses Geschäft auch mit Verlustrisiken verbunden gewesen sei. Ein Anlageziel der Klägerin zu 1, welches Verlustrisiken ausschließe, sei nicht dargetan und auch nicht mit dem vorangegangenen Anlageverhalten vereinbar.
Die Beratung zum Zinssatzswap sei auch anlagegerecht. Unstreitig hätten die Mitarbeiter der Beklagte ei...