Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Vorliegen aufklärungspflichtiger Rückvergütungen bei der Anlageberatung (VIP 3)

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.04.2010; Aktenzeichen 2/14 O 165/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das am 8.4.2010 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers in Höhe des Nominalbetrages von 100.000,- EUR an der VIP Medienfonds 3 GmbH & Co. KG mit der Kommanditistennummer ...

an den Kläger 105.000,- EUR nebst Zinsen aus 60.000.- EUR i.H.v. 2 % seit dem 8.9.2003 bis zum 27.7.2009 sowie i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.7.2009 zu zahlen,

an den Kläger 18.172,89 EUR zu zahlen,

mit der Feststellung, dass die Beklagte den Kläger von der Verbindlichkeit gegenüber dem Bankhaus A zur Zahlung von Zinsen i.H.v. bis zu 1.613,29 EUR freizustellen hat.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.748,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.7.2009 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.420,- EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.2.2010 zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung in Verzug befindet.

5. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte

a) per Saldo alle steuerlichen Vorteile, die er im Zusammenhang mit seiner Beteiligung i.H.v. 100.000,- EUR an der ... VIP Medienfonds 3 GmbH & Co KG erzielt hat und/oder noch erzielen wird, sowie

b) etwaige Zinsen, die das Finanzamt im Zusammenhang mit der vorgenannten Beteiligung an den Kläger künftig zahlt, herauszugeben.

6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehenden Berufungen der Beklagten und des Klägers werden zurückgewiesen.

7. Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben der Kläger 1/12 und die Beklagte 11/12 zu tragen. Von den Kosten des zweiten Rechtszuges haben der Kläger 1/8 und die Beklagte 7/8 zu tragen.

8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

9. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des erstinstanzlichen Sachvortrages der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 330 bis 348Bl. ).

Das LG hat der Klage durch das am 8.4.2010 verkündete Urteil im Wesentlichen stattgegeben. Das Urteil ist beiden Parteien am 12.4.2010 zugestellt worden (Bl. 356, 359Bl. ).

Die Beklagte hat gegen das Urteil am 10.5.2010 Berufung eingelegt (Bl. 378Bl. ) und nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ihr Rechtsmittel am 16.8.2010 begründet (Bl. 426 ff. Bl. ). Dem Kläger war eine Frist zur Berufungserwiderung gesetzt bis zum 4.10.2010 (Bl. 472Bl. ).

Am 29.9.2010 hat er auf die Berufung der Beklagten erwidert und Anschlussberufung eingelegt (Bl. 476Bl. ).

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere macht sie geltend, nicht verpflichtet gewesen zu sein, ungefragt über die Vertriebsprovision aufzuklären. Sie bringt vor, dass das LG in seinem Urteil nicht zwischen Innenprovision und Rückvergütung unterschieden habe, sondern diese Begriffe offensichtlich gleichbedeutend verwendet habe. Dieses Versäumnis des LG sei entscheidungserheblich, da unter Zugrundelegung des unstreitigen Sachverhalts keine Rückvergütung vorliegen würde. Denn es könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte das von der Fondsgesellschaft vereinnahmte Agio ganz oder teilweise erhalten habe und zudem könne der Zahlungsvorgang zwischen der ... AG und der Beklagten nicht als unredliche oder als schmiergeldähnliche Rückvergütung qualifiziert werden. Es fehle an einem "Rückfluss" von Zahlungen des Klägers an die Beklagte. Denn die Beklagte sei offen als Vertreiber eines fremden Kapitalanlageprodukts aufgetreten und habe hierfür von einem Dritten eine übliche Vertriebsprovision erhalten. Eine Verschleierung von Interessenlagen liege hierin nicht.

Weiterhin macht die Beklagte geltend, dass eine Aufklärung darüber, dass das Agio ein Vertriebsentgelt darstelle, nicht erforderlich gewesen sei, da die informatorische Anhörung des Klägers ergeben habe, dass dieses dem Kläger bekannt gewesen sei. Die über den Betrag des Agios hinausgehende Vergütung von 3 % sei jedenfalls eine Innenprovision, die nicht offenbarungspflichtig sei.

Insbesondere sei auch keine Kausalität gegeben. Die Beweis...

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