Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung von § 489 I Nr. 2 BGB - Abgrenzung zu OLG Stuttgart, Urt. v. 4.5.2016, 9 U 230/15
Normenkette
BGB § 489
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.12.2015; Aktenzeichen 2-2 O 68/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 3.12.2015 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil des Senats ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 35.790,00 EUR.
Gründe
I. Die Parteien schlossen 1984 einen Bausparvertrag über 40.000,00 DM und 1986 einen Bausparvertrag über 30.000,00 DM, jeweils mit gebundenem Sollzinssatz. Die Zuteilungsreife (mit Erreichen des Mindestsparguthabens von 40 % der Bausparsumme) besteht seit mehr als 10 Jahren (31.8.2001 bzw. 31.10.2003). Eine Ansparung durch die Klägerin erfolgte über die Ansparphase hinaus, jedoch nicht bis zur Höhe der Darlehenssumme. Die Beklagte kündigte die Bausparverträge mit Schreiben vom 13.11.2014 unter Berufung auf das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigungen.
Von der näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird nach § 540 Abs. 1 ZPO abgesehen. Es wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Kammer hat die Anwendbarkeit des § 489 BGB auf Bausparverträge angenommen und festgestellt, dass die Kündigungsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorlägen.
Gegen dieses ihr am 07.12.2015 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 30.12.2015 eingelegten und zugleich begründeten Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiter verfolgt.
Die Klägerin vertritt weiterhin die Rechtsansicht, dass der Anwendungsbereich des § 489 BGB für die Beklagte als Bausparkasse nicht eröffnet sei, da es sich um eine verbraucherschützende Norm handele und es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entspreche, dass sich Bausparkassen auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können. Zwar sei der Bausparer während der Ansparphase Darlehensgeber, der Gesetzgeber habe aber als Kreditgeber allein eine Bank oder Versicherung gemeint. Er habe bei der Schaffung der Vorgängernorm (§ 609a BGB a.F.) nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick gehabt. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes sei der "zinsbestimmende Teil" das Kreditinstitut, während der Bausparer auch in der Ansparphase über keinerlei Zinsbestimmungsrechte verfüge. Erforderlich sei daher eine entsprechende teleologische Reduktion des Kündigungsrechts des § 489 BGB.
Auch die Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) schlössen ein Kündigungsrecht der Bausparkasse aus, denn der Bausparer habe nach § 14 ABB das Recht, nach Ansparen der Mindestsparsumme auf die Zuteilung des Darlehens zu verzichten und den Vertrag fortzusetzen.
Des Weiteren lägen auch die Voraussetzungen des Kündigungsrechts des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vor. Ein "vollständiger Empfang" des Darlehens liege noch nicht bereits mit der Zuteilungsreife vor. Es bestehe im Übrigen auch kein überwiegendes Interesse der Bausparkasse, sich vom Vertrag lösen zu können.
Die Klägerin beantragt, das am 3.12.2015 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main abzuändern und festzustellen, dass die zwischen den Parteien bestehenden Bausparverträge Nr. 10 vom 24.4.1986 und Nr. 11 vom 19.7.1984 über den 31.5.2015 hinaus fortbestehen; die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 807,36 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die von den Parteien in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze verwiesen.
II. Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat zu Recht und mit in jeder Hinsicht überzeugender Begründung festgestellt, dass der zulässige Feststellungsantrag zu Ziff. 1 unbegründet ist, da die streitgegenständlichen Bausparverträge nach der erfolgten wirksamen Kündigung durch die Beklagte nicht mehr bestehen.
Das LG hat den Bausparvertrag in der Ansparphase zutreffend als Darlehensvertrag beurteilt. Bei einem Bausparvertrag handelt es sich um einen Vertrag zwischen dem Bausparer und einer Bausparkasse, durch den der Bausparer nach Leistung von der Höhe nach vereinbarten Bauspareinlagen (Mindestsparsumme) einen Rechtsanspru...