Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer Formularklausel über bauvertragliche Gewährleistungseinbehalte
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.02.2003; Aktenzeichen 3-10 O 174/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.2.2003 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main - 3-10 O 174/02 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 37.000 Euro abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die am 9.11.2001 in Insolvenz gefallene ... GmbH hatte von dem Kläger bzw. einer für den Kläger handelnden "Management Gesellschaft" 3 Aufträge über Dacharbeiten an der Shedhalle des Neubaus der Sparkassenakademie des Klägers in ... erhalten und ausgeführt:
5.7.1995 Hauptauftrag Dachverblechung
25.7.1997 Auftrag Laufgänge
13.1.1998 Auftrag Leitersystem.
Allgemeine Vertragsgrundlagen waren in dieser Reihenfolge die besonderen Vertragsbedingungen (BVB) des Klägers, die VOB, Teile B und C und das Werkvertragsrecht des BGB. Die BVB sehen unter Ziff. 14.2 einen Einbehalt von der Schlussrechnung i.H.v. 5 % der Bruttoabrechnungssumme für die Gewährleistungszeit (5 Jahre) vor, der gem. Ziff. 17.3 verzinst auf ein Verwahrgeldkonto des Auftraggebers zu nehmen ist und den die Auftragnehmerin durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern ablösen kann. Letzteres tat die Schuldnerin durch Bürgschaft der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 22.7.1997 i.H.v. maximal 45.000 DM für den Hauptauftrag und vom 24.8.1998 i.H.v. maximal 8.172,78 DM für die Aufträge über Leitern und Laufgänge. Über Mängel der Auftragsausführung wurde ein selbstständiges Beweisverfahren durchgeführt, in dem der gerichtlich bestellte Sachverständige die Mängelbeseitigungskosten auf 245.163,68 Euro bezifferte. Mit Anwaltsschreiben vom 26.3.2002 forderte der Kläger unter Beifügung des Gutachtens von der Rechtsvorgängerin der Beklagten die Zahlung der beiden Bürgschaftssummen von zusammen 53.172,78 DM (= 27.186,81 Euro). Die Beklagte verweigerte die Zahlung, die der Kläger vorliegend im Urkundenprozess weiterverfolgt. Die Beklagte hat dem Insolvenzverwalter und ihrer Rückbürgin den Streit verkündet.
Sie verteidigt sich mit dem Argument, Ziff. 14.2 der BVB sei nach der Rechtsprechung des BGH wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam. Grund für die BGH-Rechtsprechung sei nicht nur das Insolvenzrisiko des Auftraggebers, sondern der Entzug von Liquidität beim Auftragnehmer durch den Restwerklohneinbehalt, weswegen die Unwirksamkeit auch bei öffentlichen Auftraggebern gegeben sei.
Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat der Klage durch Vorbehaltsurteil stattgegeben.
Die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung des BGH sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da wegen der in Ziff. 17.3 BVB vorgesehenen Lagerung des Gewährleistungseinbehalts auf einem Verwahrkonto, die der VOB entspreche, die Gestellung einer Bürgschaft nicht die dem Auftragnehmer alleinig gegebene Möglichkeit und bei einem öffentlichen Auftraggeber das Bonitätsrisiko ausgeschlossen sei. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter. Sie führt ergänzend aus, dass der aus § 242 BGB herzuleitende Einwand der Unangemessenheit nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 8.3.2001 -- IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99 = MDR 2001, 1003 = BGHReport 2001, 401 = ZIP 2001, 833 = NJW 2001, 1857) schon im Erstprozess über die Bürgschaft auf erstes Anfordern zulässig sei. Die vorliegende Abrede über den Gewährleistungseinbehalt sei nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam (BGH v. 5.6.1997 -- VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27 = MDR 1997, 929 = NJW 1997, 2598), da die BVB keinen angemessenen Ausgleich vorsähen. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei kein angemessener Ausgleich. Auch zusammen mit der in Ziff. 17.3 BVB vorgesehenen alternativen Möglichkeit, 5 % der Bruttoabrechnungssumme auf einem Verwahrgeldkonto des Klägers zu belassen, sei die Regelung nicht angemessen, da dadurch dem Auftragnehmer Liquidität entzogen werde. Öffentlichen Auftraggebern komme keine Sonderstellung zu, zumal der Kläger die Regelung des § 17 VOB/B, insb. dessen Nr. 3, abgewandelt habe. Eine Regelung entsprechend § 17 VOB/B könne der Vereinbarung des Sicherheitseinbehalts nur dann die Unangemessenheit nehmen, wenn sie insgesamt vereinbart werde.
Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Die Möglichkeit, den einbehaltenen Betrag auf einem Verwahrgeldkonto des...