Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermeidbare Herkunftstäuschung bei nachgeahmter Akku-Poliermaschine im Kleinformat

 

Leitsatz (amtlich)

Ob das Etikett auf einer nachgeahmten Poliermaschine geeignet ist, einer Herkunftstäuschung entgegenzuwirken, hängt davon ab, ob der Verkehr eher auf technisch-konstruktive Merkmale oder die äußere Gestaltungsform des Erzeugnisses als auf eine Kennzeichnung achtet. Handelt es sich um ein relativ kleines, unauffälliges Etikett spricht dies dafür, dass der Verkehr darauf nicht achten wird.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 3a

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.06.2020; Aktenzeichen 3-6 O 67/19)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 30.6.2020 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Wettbewerber und bieten unter anderem handgesteuerte elektromotorbetriebene Polier- und Schleifmaschinen an, die beispielsweise im Bereich der Fahrzeugpflege zum Einsatz kommen.

Die Antragstellerin vertreibt seit November 2015 eine Akku-Poliermaschine im Kleinformat unter der Bezeichnung "RUPES BigFoot" (Bl. 9 d.A.):

((Abbildung))

Die Antragsgegnerin brachte im Frühjahr dieses Jahres eine Miniakku-Poliermaschine auf den Markt, wie aus Bl. 26 d. A. ersichtlich:

((Abbildung))

Sie gab deshalb gegenüber der Antragstellerin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

Seit Oktober 2019 verkauft die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Poliermaschine "Liquid Elements A1000 Mini Akku Poliermaschine" an Endkunden und gewerbliche Händler (Bl. 2. d.A.):

((Abbildung))Die Antragstellerin sieht auch in dieser Poliermaschine eine unlautere Nachahmung ihres Produkts und hat deshalb eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin erwirkt, die das Landgericht auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hin bestätigt hat. Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin.

Von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

A) Der Verfügungsgrund der Dringlichkeit besteht. Die Antragstellerin hat von dem angegriffenen Produkt am 30.8.2019 Kenntnis erlangt. Nachdem sie vergeblich versucht hatte, eine solche Poliermaschine zu erwerben, hat sie am 25.9.2019 wegen unlauterer Nachahmung abgemahnt und am 10.10.2019 den Eilantrag eingereicht. Hierin ist kein dringlichkeitsschädliches Verhalten zu erblicken. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin zunächst versucht hat, eine Poliermaschine von der Antragsgegnerin zu erwerben, um sich ein noch genaueres Bild von dem Produkt machen zu können.

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin bereits im Frühjahr 2019 eine Poliermaschine auf den Markt gebracht hat, die die Antragstellerin als Nachahmung beanstandet hat, rechtfertigt unter dem Gesichtspunkt einer "Vorbefassung" keine strengeren Anforderungen an die Dringlichkeit, da es sich bei dem streitgegenständlichen Erzeugnis um einen neuen Verletzungsgegenstand handelt.

B) Der Verfügungsanspruch folgt zu einen aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 3 a) UWG.

1. Der RUPES BigFoot weist eine erhöhte wettbewerbliche Eigenart auf.

a) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen.

Für die Bestimmung der wettbewerblichen Eigenart ist der Gesamteindruck des nachgeahmten Erzeugnisses maßgebend. Dieser kann durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die zwar nicht für sich genommen, aber in ihrem Zusammenwirken geeignet sind, im Verkehr auf die Herkunft des nachgeahmten Produkts aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Technisch notwendige Gestaltungsmerkmale, also Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen, können aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.3.2019 - 6 U 41/18 - Collagen-Lift-Drink, juris, Rn. 19; BGH, Urteil vom 15.12.2016 - I ZR 197/15 - Bodendübel). Handelt es sich hingegen nicht um technisch notwendige Merkmale, sondern nur um solche, die zwar technisch bedingt, aber frei austauschbar sind, ohne dass damit Qualitätseinbußen verbunden sind, können diese eine wettbewerbliche Eigenart (mit-)begründen, sofern der Verkehr wegen dieser Merkmale auf die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten Unternehmen Wert legt oder mit ihnen gewisse Qualitätserwartungen verbindet (BGH, Urteil vom 22.1.2015 - I ZR 107/13 - Exzenterzähne, juris, Rn. 18).

b) Die wettbewerbliche Eigenart des RUPES BigFoot wird durch folgende Gestaltungsmerkmale begründet:

  • langgezogener zylinderförmige Gehäusekorpus aus schwarzem Kunststoff
  • auf der vorderen Hälfte de...

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