Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbliche Eigenart eines Kaffeebereiters
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Darlegung der wettbewerblichen Eigenart eines Produktes genügt eine Beschreibung derjenigen Merkmale, die die wettbewerbliche Eigenart begründen sollen. Es ist dann Sache des Beklagten, Tatsachen vorzutragen, die das Entstehen einer an sich gegebenen Eigenart in Frage stellen (wettbewerbliches Umfeld, Nachahmungen).
2. Der Verkauf des Originals durch den Hersteller unter einer zweiten Marke kann die Eigenart dann nicht in Frage stellen, wenn der Verkauf bereits vor 15 bzw. 11 Jahren stattgefunden hat.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.03.2019; Aktenzeichen 3-10 O 135/17) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.3.2019, Az. 3-10 O 135/17 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,- EUR hinsichtlich des Unterlassungsanspruch, 1.000,- EUR hinsichtlich des Auskunftsanspruch sowie hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe bzw. hinsichtlich der Kosten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich des Vertriebs von Kaffeebereitern.
Die Klägerin ist Herstellerin des von ihr seit Jahrzehnten vermarkteten Kaffeebereiters "Chambord", der in verschiedenen Farben und Versionen angeboten wird (Anl. K1):
((Abbildung))
In Deutschland werden hiervon jährlich über 20.000 Stück verkauft. Die Klägerin hatte in den Jahren 2005 und 2009 unter der Zweitmarke "Melior" identisch gestaltete Kaffeebereiter vertrieben. Auf dem Markt ist ein Wettbewerbsprodukt von Melitta verfügbar (Bl. 49, Anlage B 2), gegen das die Klägerin erstinstanzlich einen Unterlassungstitel erwirkt hat.
Die Beklagte zu 1.), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2.) ist, bot einen Kaffeebereiter (Anl. K2) in zwei Größen auf ihrer Internetseite an:
((Abbildung))
Die Klägerin nimmt die Beklagten deswegen aus ergänzendem Leistungsschutz in Anspruch.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 22.3.2019, auf das gemäß § 540 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf die tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung und Auskunftserteilung verurteilt und die Schadenersatzpflicht festgestellt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch aus ergänzendem Leistungsschutz zu. Der Kaffeebereiter der Klägerin verfüge über wettbewerbliche Eigenart, die auch nicht entfallen sei. Dies habe der Senat bereits in einem Urteil aus dem Jahre 2009 festgestellt. Die wettbewerbliche Eigenart sei insbesondere auch nicht deshalb entfallen, weil der angesprochene Verkehr die prägenden Gestaltungsmerkmale nicht mehr einem bestimmten Hersteller zuordne. Die von der Klägerin unter der Zweitmarke vertriebenen Kaffeebereiter führten nicht zu einem Wegfall der Eigenart. Die darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten hätten selbst nicht behauptet, dass die Klägerin die Kaffeebereiter unter der Zweitmarke umfangreich in Verkehr gebracht habe. Sie hätten sich lediglich auf das Bestreiten der klägerischen Absatzzahlen beschränkt. Der Verkehr schließe nicht aus, dass das Produkt der Beklagten "Melior" möglicherweise eine von der Klägerin stammende Zweitmarke darstelle oder aber jedenfalls wirtschaftlich Beziehungen bestünden. Im Hinblick auf die weiteren Entgegenhaltungen der Beklagten sei der Vortrag zur Marktpräsenz und Marktbedeutung nicht ausreichend. Da auch von einer nahezu identischen unmittelbaren Übernahme der Gestaltungsmerkmale auszugehen sei und auch eine vermeidbare Herkunftstäuschung vorliege, seien die Beklagten zur Unterlassung verpflichtet.
Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgen.
Die Beklagten tragen vor:
Das Landgericht habe keine Feststellungen zur wettbewerblichen Eigenart getroffen. Soweit das Landgericht sich auf ein Senatsurteil aus dem Jahre 2009 bezogen habe, ersetze dies nicht die Verpflichtung zur Feststellung der wettbewerblichen Eigenart im vorliegenden Verfahren. Die Beklagten hätten dargelegt, dass es eine Vielzahl von Wettbewerbsprodukten gebe, die es ausschließe, dass durch die Gestaltung des klägerischen Produkts aus Sicht der Verkehrskreise auf eine bestimmte betriebliche Herkunft geschlossen werden könne. Zu Unrecht sei das Landgericht trotz erheblicher Unterschiede in der Gestaltung von einer nahezu identischen Nachahmung ausgegangen. Feststellungen zu den besonderen Umständen des Marktes für Haushaltsgeräte seien nicht vom Parteivortrag ...