Entscheidungsstichwort (Thema)

Benutzung eines Zeichens in herkunftshinweisender Weise nach Art ein Zweitmarke (Bezeichnung MIMO für Blazermodell)

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.02.2022; Aktenzeichen 3-10 O 56/21)

 

Tenor

I. Unter Abänderung des am 11.2.2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main, Az. 3-10 O 56/21 wird

1. die Beklagte verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Klägerin Jacken unter dem Zeichen "MIMO" zu bewerben und/oder anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, wie geschehen im beigefügten Anlagenkonvolut zum Antrag;

2. die Beklagte verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Art, Umfang und Dauer der unter I.1. genannten Handlung;

3. festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der durch die in I.1. genannten Handlung entstanden ist und/oder noch entstehen wird;

4. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 923,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.4.2021 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich der Ziff. I.1, I.2. und I.3 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich Ziff. I.4 und der Kosten kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um markenrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz sowie auf Erstattung von Abmahnkosten.

Die Klägerin ist Inhaberin der deutschen Wortmarke "MIMO", die unter anderem in Klasse 25 für Bekleidung eingetragen ist. Die Beklagte betreibt unter anderen auf der Webseite www.(...).de eine bekannte Online-Verkaufsplattform für Waren aller Art, darunter auch Bekleidung und Schuhe.

Die Beklagte bot im April 2020 auf dieser Website einen Jackenblazer unter der Angebotsüberschrift "Le Temps Des Cerises Jackenblazer ≪MIMO≫ in tollem Design" wie folgt zum Kauf an (gelbe Markierung nachträglich hinzugefügt):

((Abbildung))

Der im Rahmen eines Testkaufs der Klägerin gelieferte Jackenblazer enthielt ein Etikett, das ebenfalls das Zeichen "MIMO" trug.:

((Abbildung))

Das Landgericht hat durch Urteil vom 11.2.2022, auf das gemäß § 540 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf die tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die auf Unterlassung, Auskunft, Schadenersatzfeststellung sowie Abmahnkostenersatz gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es fehle an einer herkunftshinweisenden Funktion der Verwendung des Zeichens "MIMO". Bei der Verwendung eines Zeichens als Modellbezeichnung hänge es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob das Zeichen als Herkunftshinweis verstanden werde. Bei bekannten Modellbezeichnungen spreche vieles dafür, dass der Verkehr eine entsprechende Modellbezeichnung auch ohne zusätzliche Nennung eines Herstellerkennzeichens oder eine Dachmarke als Marke auffassen. Könne von einer Bekanntheit nicht ausgegangen werden, sei die Gestaltung des in Rede stehenden Angebotes in den Blick zu nehmen. Danach werde der angesprochene Verkehr das Zeichen "MIMO" zwar als Modellbezeichnung erkennen; der Verkehr habe jedoch keinen Anlass, eine herkunftshinweisende Funktion im Sinne einer Zweitmarke anzunehmen. Für den Verkehr sei klar und offensichtlich, dass es sich bei "Le Temps Des Cerises" um den Hersteller des Jacken Blazers handele. Auch in der Produktbeschreibung heiße es klar und deutlich "Toller Blazer von Le temps des cerises". Für den Verkehr sei bei dieser konkreten Angebotsgestaltung nicht ersichtlich, dass hinter dem weiteren Zeichen "MIMO" ein anderes Unternehmen bzw. eine andere Marke verbergen solle, die mit dem Hersteller eine Co-Branding-Kooperation eingegangen wäre. Ein Co-Branding werde in der Regel im Verkehr offensiv mitgeteilt und beworben, woran es hier fehle. Die Tatsache, dass das Zeichen Teil einer hervorgehobenen Angebotsüberschrift sei und der Herstellerbezeichnung in der Hervorhebung mit Pfeilen nachfolge, führe nicht zur Annahme eines Herkunftshinweises.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es an einer herkunftshinweisenden Verwendung d...

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