Normenkette

BGB § 888

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2–04 O 23/02)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 27.2.2002 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main – 2–4 O 220/01 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 220.000 Euro abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Vorrang einer Rückauflassungsvormerkung ggü. später eingetragenen Zwangshypotheken.

Die damals 74-jährige Klägerin schenkte und übereignete mit notariell beurkundetem Vertrag vom 10.4.1995 (Bl. 6 bis 10 d.A.) ihren beiden Kindern C. und W. zu je 1/2 drei Grundstücke in Frankfurt, die zusammen den Gebäudekomplex H. 16 bis 18 (in der Urkunde angegebener Verkehrswert: 1 Mio. DM) bilden. Die Klägerin blieb Schuldnerin der grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen. Ihr wurde ein lebenslänglicher Nießbrauch eingeräumt. Für den Fall einer ohne ihre vorherige Zustimmung vorgenommenen Veräußerung oder Belastung wurde ihr in Ziff. 5 des Vertrages das durch eine Vormerkung gesicherte Recht eingeräumt, Rückübereignung zu verlangen. Eigentumsübergang, Nießbrauch und Rückauflassungsvormerkung wurden am 6.5.1996 im Grundbuch eingetragen.

Am 8.9.1998 und am 20.9.1999 wurden auf dem Miteigentumsanteil der Tochter 6 Zwangssicherungshypotheken i.H.v. insgesamt 412.614,45 DM wegen Steuerschulden für den beklagten Freistaat eingetragen. Die Steuerschulden bestanden schon lange vor der Schenkung, und es hatte seit 1989 eine Vielzahl von Pfändungsversuchen des Beklagten gegen die Tochter gegeben, die größtenteils fruchtlos verlaufen waren. Im Jahre 1994 hatte die Tochter die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abgegeben.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 15.6.2001 übertrug die Tochter der Klägerin ihren Miteigentumsanteil an den fraglichen Grundstücken auf die Klägerin zurück. Die Klägerin wurde am 16.7.2001 als Miteigentümerin zu 1/2 Anteil (wieder) im Grundbuch eingetragen.

Mit der Klage verlangt die Klägerin die Bewilligung der Löschung der Zwangssicherungshypotheken. Sie beruft sich auf § 883 Abs. 2 BGB und hat geltend gemacht, nach dieser Vorschrift schütze die Vormerkung auch vor Beeinträchtigungen im Wege der Zwangsvollstreckung. Mutter und Tochter hätten Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung rechtsgeschäftlichen Verfügungen gleichstellen dürfen. Ziel der Schenkung sei eine vorweggenommene Erbregelung gewesen, die im Hinblick auf Pläne zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes zum 1.1.1997 durchgeführt worden sei. Wirtschaftlich habe die Klägerin weiterhin Eigentümerin des übertragenen Grundbesitzes bleiben wollen. Von der Eintragung der Zwangssicherungshypothek habe sie erst im April 2001 durch ihren Sohn erfahren.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Löschung der sechs für sie auf den übereigneten Grundstücken eingetragenen Zwangssicherungshypotheken zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat widerklagend die Feststellung begehrt, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, ggü. den Zwangssicherungshypotheken Ansprüche aus der Auflassungsvormerkung geltend zu machen.

Er hat behauptet, durch die Schenkung habe die Klägerin der verschuldeten Tochter neue Sicherheiten verschaffen und ihr dadurch einen wirtschaftlichen Neuanfang ermöglichen wollen. Die Tochter sei Mitte der achtziger Jahre nahezu zahlungsunfähig gewesen und seither von der Klägerin erheblich finanziell (z.B. durch Grundschulden, Bürgschaften, Finanzierung eines Pkw, Barzuwendungen) und durch Gewährung kostenfreier Unterkunft unterstützt worden. Am 2.8.1996 habe die Tochter nach eigenen Angaben neben den Steuerschulden weitere Schulden von 328.000 DM gehabt. Die Klägerin habe bei der Schenkung die finanzielle Notsituation der Tochter gekannt und deshalb bewusst bei der Formulierung ihres Rückübereignungsanspruchs im notariellen Vertrag auf die für den Fall von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Dritter in den Notarhandbüchern vorgesehene Standardklausel verzichtet. Der Beklagte hat den „Einwand vorsätzlicher sittenwidriger Gläubigerbenachteiligung” erhoben. Die „eingeschränkte” Rechtsstellung der Tochter sei aus dem Grundbuch nicht zu ersehen gewesen.

Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Der Klageanspruch sei nach § 888 Abs. 1 BGB begründet. Die Zwangssicherungshypotheken seien nach § 883 Abs. 2 BGB unwirksam. Die Bedingung, unter der die Klägerin nach Ziff. 5 des Schenkungsvertrages Rückübereignung verlangen könne, sei eingetreten. Die dortige Vertragsklausel erfasse auch den Fall der Eintragung von Zwangssicherungshypotheken. Es sei ersichtlich, dass der Klägerin der wirtschaftliche Wert und die „Nutzbarkeit” der Grundstücke als Alterssicherung habe erhalten bleiben sollen. Andernfalls hätte es keines Rückübertragungsanspruch...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge