Entscheidungsstichwort (Thema)
Anlageberatung: Aufklärungspflichtige Rückvergütungen (VIP Medienfonds 3)
Leitsatz (amtlich)
1. Als tragfähige Abgrenzung zwischen aufklärungspflichtiger Rückvergütung und davon zu unterscheidender, vermeintlich nicht aufklärungsbedürftiger Innenprovision kann nicht auf den formalen Gesichtspunkt abgestellt werden, ob die vom Kunden zu erbringenden umsatzabhängigen Zahlungen erst an den Fondsbetreiber und dann von diesem hinter dem Rücken des Kunden an die Bank zurückgezahlt oder von dieser auf Grund einer davon abweichenden internen Abwicklung von der Bank direkt einbehalten werden.
2. Unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Aufklärungspflicht, den jeweiligen Kunden in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Bank selbst einschätzen und beurteilen zu können, kann es nicht entscheidend darauf ankommen, ob und in welchem Umfang die umsatzabhängige Vergütung unmittelbar aus dem Agio an die Beklagte geflossen ist oder aus den im Fondprospekt ausgewiesenen sonstigen Fondsnebenkosten von weiteren 8,9 %.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.12.2009; Aktenzeichen 2/21 O 441/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das am 18.12.2009 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 57.839,82 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus dem Betrag von 36.053,52 EUR seit dem 28.1.2009, aus weiteren 9.499,36 EUR seit 30.4.2010 und aus weiteren 8346,94 EUR seit 4.8. 2011 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers auf Übertragung der vom Kläger am 8.12.2003 gezeichneten treuhänderischen Beteiligung an der VIP-... Medienfonds 3 GmbH & Co. KG, Kommanditistennummer ... im Nennwert von 100.000,- EUR sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte inklusive hieraus resultierender Schadensersatzansprüche gegen Dritte.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von sämtlichen Belastungen aus den Darlehensverbindlichkeiten mit der Kundennummer ... über 106.100,- EUR mit Wirkung seit dem 1.5.2010 freizustellen und der Löschung dieser zur Sicherung dieses Darlehens zu ihren Gunsten bestellten Grundschuld i.H.v. 106.100,- EUR, lastend auf dem Grundstück des Klägers ... Straße, Stadt1 zuzustimmen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von ihm am 8.12.2003 gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 3 GmbH & Co. KG im Nennwert von 100.000,- EUR resultieren, wobei die beiden letztgenannten Verurteilungen ebenfalls Zug um Zug wie zuvor bezeichnet erfolgen.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der vom Kläger am 8.12.2003 gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 3 GmbH & Co. KG im Nennwert von 100.000,- EUR sowie der Annahme der Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung im Verzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und werden die weitergehenden Berufungen zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
Die Kosten des Berufungsrechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre erstinstanzliche Verurteilung, dem Kläger Schadensersatz i.H.v. 39.953,52 EUR zzgl. Prozesszinsen Zug um Zug gegen Übertragung der treuhänderischen Beteiligung des Klägers an der ... VIP Medienfonds 3 GmbH & Co. KG im Nennwert von 100.000,- EUR sowie etwaiger aus dieser Beteiligung resultierender Schadensersatzansprüche gegen Dritte zu zahlen.
Ferner wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung, den Kläger von sämtlichen Belastungen aus den Darlehensverbindlichkeiten bei der Beklagten mit der Kundennummer ... über 110.000,- EUR seit dem 1.1.2009 frei zu stellen.
Mit der (unselbständigen) Anschlussberufung verlangt der Kläger zunächst einmal lediglich in weiterer Bezifferung seines Klageantrags zu 2) und der Tenorierung zu 2) 49.4921,88 EUR an Schadensersatz, zuletzt dann 57.839,82 EUR sowie Freistellung von dem bei der Beklagten aufgenommenen Darlehen seit dem 1.5.2010 (der Tenor hat antragsgemäß lediglich die vom Kläger bis Ende des Jahres 2008 auf das Darlehen geleisteten Zins- und Tilgungsraten berücksichtigt).
Ferner verlangt er Herausgabe der zur Sicherung dieses Darlehens zugunsten der Beklagten bestellten Grundschuld i.H.v. 110.000,- EUR lastend auf dem Grundstück des Klägers, hilfsweise Zustimmung zur Löschung.
Mit der Anschlussberufung wird erstmals d...