Entscheidungsstichwort (Thema)
Zivilrecht
Normenkette
HGB § 172 Abs. 4; ZPO § 138 Abs. 2, §§ 156, 287 Abs. 1, § 529 Abs. 1, § 531 Abs. 2 Nr. 1; EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3, § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4; BGB §§ 195, 199 n.F., § 199 Abs. 1 Nr. 2, §§ 214, 242, 249 S. 1, §§ 252, 252 S. 2, § 278 S. 1, § 288 Abs. 1, §§ 293, 295; EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 32 a Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 22.12.2006; Aktenzeichen 2/1 O 50/06) |
Nachgehend
Gründe
I.
Der Kläger, ein Zahnarzt aus der ..., verlangt aus Verschulden bei Vertragsschluss im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfond, nämlich an der A. Deren persönlich haftende Gesellschafterin war und ist die Beklagte, Prospektherausgeber war die mit der Vermittlung und Zusammenführung der Anleger beauftragte B. Dem Kläger, der der Fondsgesellschaft bei einem Aufgeld von weiteren 1.850,00 DM mit einer Einlage von 100.000,00 DM im Jahr 1999 beigetreten war, hatte der Verkaufsprospekt (Anl. B 5, Bl. 113 ff. d.A.), auf den zu den Einzelheiten verwiesen wird, vorgelegen. Dieser enthielt Angaben zu einer bis 2024 ausgelegten Prognoseberechnung, die - bezogen jeweils auf das Vorjahr - Mietsteigerungen zwischen 2 und 3 % vorsah. Zu den der Prognose zugrunde liegenden Tatsachen berief der Prospekt sich wiederholt auf "Erfahrungswerte der Vergangenheit". Tatsächlich waren der Prognose eine allgemeine Preissteigerungsrate zu Grunde gelegt worden sowie Angaben des Mietspiegels und der Stadt O1 über den Bedarf an Wohnungsneubauten.
Für das Jahr 1999 erzielte der Kläger durch die gewerbliche Beteiligung eine Steuerersparnis, deren Höhe die Beklagte - pauschal bestritten - im Berufungsverfahren mit 26.842,82 € angibt. Zu der weiteren Entwicklung des Fonds wird auf den Geschäftsbericht für das Geschäftsjahr 2006 Bezug genommen (Bl. 306- 325 d.A.). An den Kläger wurden acht Einzelausschüttungen zu je 766,94 € erbracht, die er zur Berechnung seines Schaden ungekürzt absetzt.
Der Kläger hat die Rückzahlung seiner Einlage und Nebenkosten abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen gegen Übertragung der Anteile verlangt, weil er den Prospekt aus verschiedenen Gründen als fehlerhaft angesehen hat, u.a wegen der Unrichtigkeit der Prognose zu den zu erzielenden Mieteinkünften.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1.) an den Kläger 45.939,56 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 4% p.a. seit dem 1.12.1999,
2.) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von seiner Haftung nach § 172 Abs.4 HGB freizustellen,
dies (d.h. die Anträge gem. Ziff.1 und 2) dabei Zug-um-Zug gegen Übertragung der Kommandit-Beteiligung des Klägers an der "A" KG in Höhe von 100.000,00 DM (entspricht 51.129,19 €).
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat den Prospekt für richtig angesehen und sich auf Verjährung berufen.
Das Landgericht hat die Klage aus Prospekthaftung im weiteren Sinn als unbegründet angesehen, weil der Kläger zur Inanspruchnahme von Vertrauen nicht ausreichend vorgetragen habe. Auch bestehe kein Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil Bezug genommen (Bl. 221-226 d.A.).
Die Berufung des Klägers macht geltend, dass das Landgericht die Voraussetzungen des Anspruchs aus Prospekthaftung im weiteren Sinn verkannt habe und auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung auf den Vortragsmangel hätte hinweisen müssen. Der Kläger habe 1998 und 2000 jeweils in Steuersparmodelle investiert und erziele ein unregelmäßiges Einkommen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,
1.) an den Kläger 45.939,56 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 4% Zinsen p.a. seit dem 1.12.1999,
2.) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von seiner Haftung nach § 172 Abs.4 HGB freizustellen,
dies (d.h. die Anträge gem. Ziff.1 und 2) dabei Zug-um-Zug gegen Übertragung der Kommandit-Beteiligung des Klägers an der "A" KG in Höhe von 100.000,00 DM (entspricht 51.129,19 €), und
festzustellen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet.
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil und wendet ein, der Kläger müsse sich die Steuerersparnis von 32.721,40 € anrechnen lassen, jedenfalls aber einen Vorteil aus der Absenkung der Steuerbelastung, den die Beklagte in der höchsten Progressionsstufe des EStG - betraglich unstreitig - mit 8.562,86 € angibt.
Der Senat hat auf die Beachtlichkeit der Angabe zu Erfahrungswerten der Vergangenheit für eine Prospektunrichtigkeit hingewiesen (Bl. 270 d.A.) sowie dem Kläger Gelegenheit gegeben, seine voraussichtliche zusätzliche Steuerbelastung bei einer Rückabwicklung im Veranlagungszeitraum 2008 vorzutragen (Bl...