Leitsatz (amtlich)
Verstoß gegen § 112 AktG
Normenkette
AktG § 112
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 03.11.2015; Aktenzeichen 12 O 391/14) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 12. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Darmstadt vom 03.11.2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin, die diese selbst zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 100 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Gegenstandswert der Berufungsinstanz wird auf 42.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrag, der am 18.09.2013 vor der Streithelferin zu Urkundenrollen-Nr. 1/13 (Anlage BK 6 zur Berufungsbegründung vom 08.01.2016, Bl. 178 ff d.A.) abgeschlossen wurde. Die Beklagte wurde bei Abschluss des Vertrags durch A vertreten, dem hierfür von B, einem einzelvertretungsberechtigten Vorstandsmitglied der Beklagten, eine notariell beglaubigte Vollmacht (Urkundenrollen-Nr. 2/13 der Streithelferin vom 16.09.2013) erteilt worden war. Wegen der Einzelheiten der Beteiligungs- und Kooperationsverhältnisse der Parteien, auch in Bezug auf die X GmbH, die Y GmbH, die Z GmbH und die V GmbH & Co KG, wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Die Klägerin, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer C ist, verlangt mit der im Urkundenprozess erhobenen Klage aus diesem Vertrag im hier vorliegenden Verfahren die "Kaufpreiskomponente I" (III. 2. des o.g. notariellen Vertrags, Bl. 183 d.A.), die sich nach der Anzahl der in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit mehreren Firmen beschäftigten Mitarbeiter richtet.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Vertrag vom 18.09.2013 sei wirksam zustande gekommen. Jedenfalls sei er, falls er schwebend unwirksam gewesen wäre, durch die Beklagte konkludent genehmigt worden. Die Beklagte hält den Vertrag wegen eines Verstoßes gegen § 112 AktG für unwirksam.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat darin, dass die Beklagte bei Abschluss des Vertrags vom 18.09.2013 durch ein Vorstandsmitglied vertreten war, einen Verstoß gegen § 112 AktG gesehen, der nach seiner Auffassung zur Nichtigkeit des Vertrags gemäß § 134 BGB führte. Weiter führt das Landgericht aus, selbst wenn eine schwebende Unwirksamkeit als Folge des Verstoßes angenommen würde, wäre der Vertrag jetzt endgültig unwirksam, da eine Genehmigung durch förmliche Beschlussfassung des Aufsichtsrats nicht erfolgt sei. Es sei der Beklagten nicht gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Vertrags zu berufen.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge und wegen der Ausführungen des Landgerichts in Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.11.2015 zugestellte Urteil am 09.12.2015 Berufung eingelegt und diese mit am 08.01.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt sie aus, die Sitzung des Aufsichtsrats der Beklagten am 18.09.2013, in der C und andere zu Vorständen der Beklagten bestellt wurden (vgl. Protokoll der Aufsichtsratssitzung, Anlage BK 5 zur Berufungsbegründung vom 08.01.2016, Bl. 176 d.A.), habe nicht als Präsenzsitzung in Stadt1 stattfinden können, da zwei Aufsichtsratsmitglieder an diesem Tag in Stadt2 gewesen seien. C sei daher an diesem Tage nicht wirksam zum Vorstand bestellt worden. Auch sei mit ihm kein wirksamer Vorstandsdienstvertrag (Anlage BK7 zur Berufungsbegründung, Bl. 199 ff d.A.) abgeschlossen worden, da dieser aufschiebend durch die Erfüllung der Vollzugsbedingung im notariellen Vertrag bedingt gewesen sei (XVII des Vorstandsdienstvertrags, Bl. 214 d.A.). Die Bedingung sei nicht eingetreten.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 03.11.2015, Az. 12 O 391/14, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 42.500,- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie führt ergänzend aus, dass die Aufsichtsratssitzung vom 18.09.2013 eine Präsenzsitzung gewesen sei, die in Stadt2 stattgefunden habe. Die Nennung des Sitzungsorts "Stadt1" im Protokoll sei eine Schreibungenauigkeit.
Wegen des Weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 16.03....