Leitsatz (amtlich)
Erbringt der Gehilfe des eigentlichen Anlagevermittlers Leistungen, die zum Pflichtenkreis des Kunden gehören (hier: Übermittlung von Bargeld), so kann sich eine Haftung des Anlagevermittlers nach § 278 BGB ergeben, da insofern ein innerer Zusammenhang mit der Tätigkeit des Vermittlers besteht.
Normenkette
BGB §§ 278, 675
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.02.2005; Aktenzeichen 2-21 O 377/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.2.2005 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. - Az.: 2-21 O 377/04 - teilweise abgeändert.
Der Beklagte zu 2) wird - gesamtschuldnerisch mit dem bereits verurteilten Beklagten zu 1) - verurteilt, an die Klägerin 12.782,30 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 3 % vom 24.2.2001bis zum 25.2.2003 und i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.2.2003 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten erster Instanz haben die Klägerin 1/3 und die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner 2/3 zu tragen. Von den Gerichtskosten zweiter Instanz haben die Klägerin und der Beklagte zu 2) je ½ zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin in der ersten Instanz haben die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner 2/3 zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin in der zweiten Instanz hat der Beklagte 2) die Hälfte zu tragen. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) in beiden Instanzen zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung von 12.782,30 EUR (25.000 DM), die dem Erwerb eines "...fonds" der Beklagten zu 3) dienen sollten und die der Beklagte zu 1) als Anlageberater und -vermittler, der über einen "Vermittlungs- und Kooperationsvertrag" mit dem Beklagten zu 2) verbunden war, in Empfang genommen, aber nicht vertragsgemäß weitergeleitet hatte.
Das LG hat den Beklagten zu 1) im Wege eines Teilversäumnisurteils zur Zahlung verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klage sei nur ggü. dem Beklagten zu 1) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 246 StGB begründet. Eine Haftung des Beklagten zu 2) sei demgegenüber nicht gegeben. Zwar komme grundsätzlich eine Haftung für den Beklagten zu 1) als Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB wegen Verschuldens bei Vertragsschluss in Betracht. Es fehle aber im vorliegenden Fall schon an einem Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte zu 1) eine Tätigkeit im Pflichtenkreis des Beklagten zu 2) entfaltet habe. Eine Kontaktaufnahme der Klägerin zu dem Beklagten zu 2) mit dem Ziel eines Vertragsschlusses werde nicht behauptet. Dass der Beklagte zu 1) der Klägerin Unterlagen über die Aktivitäten des Beklagten zu 2) ausgehändigt habe, genüge nicht. Eine Haftung der Beklagten zu 3) komme ebenfalls nicht in Betracht. Der Beklagte zu 1) sei jedenfalls nicht mehr im Rahmen des ihm übertragenen Pflichtenkreises tätig geworden. Der von der Klägerin unterschriebene Depoteröffnungsantrag habe den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass der Beklagte zu 1) nicht berechtigt sei, Gelder in Empfang zu nehmen. Der Hinweis sei auch drucktechnisch hinreichend deutlich zu erkennen gewesen.
Mit ihrer Berufung begehrt die Klägerin die Verurteilung auch der Beklagten zu 2) und zu 3). Zur Begründung führt sie aus, dass die Frage, ob der Beklagte zu 1) als Gehilfe des Beklagten zu 2) tätig geworden sei, aus der Sicht der Klägerin beantwortet werden müsse. Die Äußerung des Beklagten zu 1), der Beklagte zu 2) sei für den "...fonds" der Beklagten zu 3) zuständig, habe sie so verstanden, dass der Beklagte zu 1) für den Beklagten zu 2) vermittle. Dies entspreche auch dem Kooperationsvertrag zwischen den Beklagten zu 1) und zu 2). Für die Klägerin habe sich die Übergabe des Geldes an den Beklagten zu 1) als Einzahlung auf das Depot bei der Beklagten zu 3) über den Beklagten zu 2) dargestellt. Zwar habe der Beklagte zu 1) von den beiden anderen Beklagten keine Inkassovollmacht gehabt, dessen Überschreitung der Vertretungsmacht und seine strafbare Handlung stellten aber einen typischen Anwendungsbereich der Haftung für den Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB dar. Der Beklagte zu 1) habe die Unterschlagung des Geldes auch nicht nur gelegentlich der Anbahnung der Anlagevermittlung begangen. Vielmehr sei das Verhalten aus Sicht eines Außenstehenden als pflichtwidrige Aufgabenerfüllung für den Beklagten zu 2) zu sehen. Den Beklagten zu 2) habe eine Pflicht getroffen, das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten zu 1) zu verhindern. Entgegen der Auffassung des LG sei es ohne Weiteres möglich, den Hinweis auf die fehlende Befugnis zum Geldempfang zu überlesen.
Die Beklagte zu 3) habe den Beklagten zu 2) nicht nur mit der Vermittlung von Verträgen, sondern auch mit der Entgegennahme von Kaufaufträg...