Entscheidungsstichwort (Thema)
Anlageberatung: Prospektfehler - unzutreffende Beschreibung des "Worst-Case-Szenario"
Leitsatz (amtlich)
1. Prospektfehler in Form der unzutreffenden Beschreibung des "Worst-Case-Szenario" in Folienpräsentation - unzutreffende Vorstellung des Verlustrisikos
2. Keine Vorteilsanrechnung mangels verbleibender außergewöhnlich hoher Steuervorteile bei "Steuerverschiebemodell"
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.06.2012; Aktenzeichen 2-19 O 502/10) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 28.6.2012 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. - Az. 2-19 O 502/10 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 51.689,18 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4.2.2011 zu zahlen Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots gegenüber der Beklagten auf Abtretung aller Rechte aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der A Film Produktion 2004 GmbH & Co. KG im Nennwert von 200.000 EUR.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der A Film Produktion 2004 GmbH & Co. KG im Nennwert von 200.000 EUR resultieren und die ohne Zeichnung dieser Beteiligung nicht eingetreten wären, mit Ausnahme der durch die Versteuerung der hier zugesprochenen Ersatzleistung resultierenden Nachteile, Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Abtretung aller Rechte aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der A Film Produktion 2004 GmbH & Co. KG im Nennwert von 200.000 EUR.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Abtretung aller Rechte aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der A Film Produktion 2004 GmbH & Co. KG im Nennwert von 200.000 EUR in Verzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weiter gehende Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 29 % und die Beklagte 71 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des gegen sie zu vollstreckendenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die beklagte Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an einer Filmproduktionsgesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger beteiligte sich im Dezember 2004 auf Empfehlung eines Mitarbeiters der Beklagten (Zeuge Z1) mittelbar über eine Treuhand-Kommanditistin i.H.v. 200.000 EUR an der A Film Produktion 2004 GmbH & Co. KG (im Folgenden: A). Zusätzlich hatte der Kläger an die A ein Agio i.H.v. 5 % des Zeichnungsbetrages zu erbringen (vgl. Zeichnungsschein Anlage K1).
Die A beteiligte sich wiederum als atypisch stille Gesellschafterin an der Filmproduktionsgesellschaft B. GmbH & Co. KG (im Folgenden: B). Die atypisch stille Gesellschaft bezog sich auf die "... 2004" mit einer geplanten Laufzeit von sieben Jahren (vgl. Fondsprospekt Anlage K3 und Folienpräsentation Anlage K1b). Die B erstellte für diese "... 2004" eine separate Buchführung und einen separaten Jahresabschluss.
Geschäftsmodell der B -... 2004 war die Produktion und weltweite Verwertung von Filmen, wobei die Filme durch einen Produktionsdienstleister aufgrund eines Produktionsdienstleistervertrages hergestellt wurden. Die Verwertung der Filmrechte erfolgte durch Abschluss von Lizenzverträgen, wobei die Lizenznehmer für jeden der Filme "Mindestlizenzzahlungen" als Einmalzahlungen zum Ende der siebenjährigen Laufzeit zusagten. Die Bank1 übernahm für die Zahlung dieser Mindestlizenzeinnahmen zum 29.12.2011 gegenüber der B in Höhe der Kommanditkapitals der A (ohne Agio) die Garantie (Mindestkapitalgarantie).
Der Zeichnung gingen zwei Beratungsgespräche am 20.11.2004 und am 6.12.2004 - dem Tag der Zeichnung - mit einem Mitarbeiter der Beklagten (Zeuge Z1) voraus. Der Beratung lag eine Folienpräsentation (Anlage K1b) zugrunde. Diese wurde dem Kläger im ersten Beratungsgespräch am 20.11.2004 auch ausgehändigt.
Die Beklagte erstattete dem Kläger vereinbarungsgemäß 1 % des auf 5 % vereinbarten Agios, so dass der Kläger nur ein Agio i.H.v. 8.000 EUR zu entrichten hatte. Der Kläger ging davon aus, dass das Agio die Provision der Beklagten bzw. des Beraters Z1 ist.
Die Beklagte erhielt für die Vermittlung der Beteiligung seitens der A eine Provision von zumindest 5,2 % (vgl. Übersicht "Investitions- und Erlösstruktur", Anlage K 1b), worüber der Zeuge Z1 den Kläger mündlich nicht unterrichtete.
Der Kläger brachte einen Teilbetrag i.H.v. 65 % der Zeichnungssumme (130.000 EUR) und das auf 8.000 EUR reduzierte Agio aus Eigenmitteln au...