Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von (Zahn-)Arzthonorar
Leitsatz (amtlich)
Im Falle eines Behandlungsfehlers kann geleistetes Zahnarzthonorar nur unter den Voraussetzungen der §§ 281, 280 BGB zurückverlangt werden.
Normenkette
BGB §§ 280-281, 611, 628, 812
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 01.04.2008) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 1.4.2008 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages stellt.
Der Gegenstandswert der Berufung beträgt 12.000 EUR.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin (*... 1928) - sie und ihr Ehemann sind selbst Zahnärzte - hatte sich bei Professor A in der Schweiz behandeln lassen, der im linken Unterkieferbereich (auf Implantaten 36, 37, 38) eine Brücke gefertigt hatte. Ende 2003 suchte sie, durch einen Vortrag des Beklagten über metallfreien Zahnersatz aufmerksam geworden, dessen ca. 200 km von ihrem Wohnort entfernte "Praxis ..." auf. Für die gesamte zahnärztliche Behandlung zur prothetischen Neuversorgung ihres Gebisses auf Zirkoniumbasis (Kronen 16, 15, 14, 27; Brücken 13 - 11, 21 - 26, 45 - 47) vereinbarte die Klägerin mit dem Beklagten ein Pauschalhonorar von 12.000 EUR. Wegen der Einzelheiten des Behandlungsverlaufs zwischen dem 3.12.2003 und 4.6.2004 wird auf den unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils und die Darstellung im Gutachten B/C (S. 4 = Bl. 85 d.A.) Bezug genommen.
Nachdem am 25.6.2004 der Zahntechnikers D - ohne Anwesenheit des Beklagten - im Labor geäußert hatte, die Beanstandungen der Klägerin ohne erheblichen Zeit- und Kostenaufwand (Neuanfertigung des Gerüstes) nicht beseitigen zu können, schrieb die Klägerin am 29.6.2004 an den Beklagten, sie sei enttäuscht von der Art der Behandlung, habe sich für eine anderweitige Neuanfertigung entschieden, werde aber die restlichen 7.500 EUR bezahlen (Bl. 9 d.A.). In seiner Rechnung vom 8.7.2004 mit Material- und Laborkostenanteil von 11.534,34 EUR (Bl. 236 - 238 d.A.) quittierte der Beklagte den Erhalt des vereinbarten Festbetrages.
Aufgrund einer gutachterlichen Äußerung des von der Zahnärztekammer bestellten Dr. E vom 12.9.2004 (Bl. 6 - 8 d.A.) hat die Klägerin am 27.10.2004 (Bl. 12 d.A.) die geleisteten Behandlungskosten zurückgefordert und eine Neuherstellung des Zahnersatzes für 10.888,61 EUR mit 8.420,64 EUR Eigenanteil (Rechnungen Bl. 52 - 55 d.A.) vornehmen lassen.
Mit der Klage verlangt die Klägerin das gezahlte Zahnarzthonorar zurück, weil der vom Beklagten eingegliederte Zahnersatz mangelhaft gewesen sei.
Zahnform und Bisshöhe im Oberkiefer seien zu beanstanden, bei der Occlusion ergäben sich zu wenige Zahnkontakte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das LG hat nach sachverständiger Beratung (Sachverständigengutachten Bl. 82 - 105 d.A. mit mündlicher Erläuterung Bl. 136 - 144 d.A.) mit Urteil vom 1.4.2008 die Klage abgewiesen, weil die Leistungen des Beklagten nicht ohne jegliches Interesse der Klägerin gewesen seien. Sie habe die Behandlung abgebrochen. Die primär im ästhetischen Bereich gerügten Mängel hätten vom Beklagten beseitigt werden können, wozu ihm jedoch keine Gelegenheit gegeben worden sei. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren auf Rückerstattung des Zahnarzthonorars weiter und beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 12.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.12.2004 sowie 419,80 EUR vorgerichtliche Kosten zu zahlen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zum Berufungsvorbringen der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II. Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Das LG hat ihre Klage zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin die begehrten 12.000 EUR - oder auch nur ein Teil davon - unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des an den Beklagten geleisteten Zahnarzthonorars.
Gezahltes (Zahn-)Arzthonorar ist nicht allein deshalb zurückzuzahlen, weil ein Behandlungsfehler vorliegt, der qualitativ einer Nichterfüllung des Behandlungsvertrages gleichkommt, wobei der dogmatische Ansatz, die Rechtskonstruktion und damit die Anspruchsgrundlage dahinstehen könnten (so aber unter Hinweis auf eine Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur: OLG Saarbrücken, Urt. v. 21.4.1999 - 1 U 615/98 - zitiert nach Juris Rz. 9; OLG Zweibrücken, Urt. v. 20.11.2001 - 5 U 20/...