Leitsatz (amtlich)
Zur Anwendbarkeit türkischen Rechts auf einen Kaufvertrag über einen Teppich, den ein deutscher Reisender während einer Türkeireise schließt.
Normenkette
BGB §§ 291, 312, 355; EGBGB §§ 27-29, 34
Verfahrensgang
AG Nidda (Urteil vom 13.09.2006; Aktenzeichen 1 C 351/05 (72)) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG Nidda vom 13.9.2006 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 8.3.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, eine türkische Firma, verlangt von dem Beklagten Zahlung des Restkaufpreises für einen Teppich, den dieser anlässlich eines Reiseaufenthalts in der Türkei erstanden hat. Der Beklagte verlangt widerklagend Rückabwicklung des Kaufvertrages.
Wegen des Sachverhalts im Weiteren, des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz sowie der vom AG erhobenen Beweise wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit Urteil vom 13.9.2006 (Bl. 147 ff. d.A.) hat das AG die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgeben. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin.
Die Klägerin trägt vor:
Die Vertragsbeziehungen der Parteien unterfielen türkischem Recht. Für die Anwendung deutschen Rechts fänden sich keinerlei Anhaltspunkte. Der Beklagte können sich auch nicht auf Art. 29 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB berufen. Es habe keinerlei Verbindung zwischen ihr und dem Veranstalter der Urlaubsreise bestanden.
Das Teppichknüpfzentrum, das in den Prospekten des Reiseveranstalters genannt sei, habe nichts mit ihr zu tun.
Der Beklagte sei gem. Art. 208 des türkischen OBG zur Zahlung des Restkaufpreises verpflichtet.
Überdies sei zwischen den Parteien im Nachgang zum Kaufvertrag eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen worden. Weil der Beklagte insoweit eine Teilzahlung geleistet habe - was unstreitig ist - sei das Widerrufsrecht nach §§ 312, 355 BGB verwirkt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Beklagten - unter Abweisung der Widerklage - zu verurteilen, an sie 2.000 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.12.2004 und 10 EUR vorgerichtlicher Mahnkosten zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor:
Der Sachverhalt sei gem. Art. 29 Abs. 1 Nr. 3, 2 EGBGB nach deutschem Recht zu beurteilen, da der Beklagte den Kaufvertrag im Rahmen einer von einem deutschen Reiseveranstalter durchgeführten Reise abgeschlossen habe. Der Beklagte sei danach zum Widerruf berechtigt.
Die Entscheidung des OLG München sei nicht einschlägig. Im dortigen Sachverhalt habe es eine Vielzahl von Einkaufsmöglichkeiten gegeben, vorliegend jedoch nicht. Der Beklagte und die Reisegruppe seien gezielt zur Klägerin gebracht worden. Die Klägerin habe die Reise bezuschusst und dafür die Reisenden zu dem Besuch in ihrem Teppichknüpfzentrum erwartet. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten habe insoweit eine enge Verflechtung und Geschäftsbeziehung - bis hin zu Gewinnabsprachen - bestanden.
Das Schreiben vom 6.4.2004, mit dem der Beklagte die Ratenzahlung bestätigte, werde widerrufen. Auf das neue Geschäft seien die Vorschriften des Fernabsatzgesetzes anwendbar; die getroffene Vereinbarung sei widerrufbar, was durch das Schreiben vom 25.8.2004 erfolgt sei.
Es widerspreche den Grundsätzen von Treu und Glauben, den Beklagten an der Erklärung im Rahmen des Telefonats und der schriftlichen Bestätigung vom 6.4.2004 festhalten zu wollen.
II. Die Berufung ist zulässig, insb. an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Das angerufene OLG ist gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1b) GVG zur Entscheidung über die Berufung zuständig.
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Ansicht des AG ist die Klage - bis auf einen Teil der Nebenforderungen - begründet, die Widerklage dagegen unbegründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten Zahlung des Restkaufpreises für den Teppich verlangen. Der Beklagte dagegen hat keinen Anspruch auf Rückerstattung der von ihm geleisteten Zahlungen.
A. Anders als das AG und der Beklagte meinen, ist auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien nicht deutsches, sondern türkisches Recht anzuwenden. Danach ist es dem Beklagten verwehrt, sich auf die verbraucherschützenden Normen des BGB (§§ 312, 355) zu berufen.
Da der Kaufvertrag zwischen den Parteien in der Türkei geschlossen wurde, sind für das anzuwendende Recht Art. 27 ff. EGBG einschlägig. Deutsches Recht wäre danach anwendbar, wenn die Voraussetzungen von Art. 29 Abs. 1, 2 EGBGB vorliegen. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Art. 29 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EGBGB liegen von vornherein nicht vor. Nach Art. ...