Leitsatz (amtlich)
1. Leitet ein von einem Telekommunikationsunternehmen beauftragter "Reseller" die Preselection-Daten eines Kunden zum Zwecke der dauerhauften Änderung der Voreinstellung an die Deutsche Telekom weiter, obwohl der Kunde den Auftrag hierzu im Zeitpunkt der Weiterleitung bereits wirksam widerrufen hat, liegt hierin eine Wettbewerbshandlung und zugleich eine unlau-tere Behinderung unabhängig davon, ob hierin eine bewusste Pflichtverletzung des "Resellers" lag (Abgrenzung zu BGH WRP 2007, 1341 - Änderung der Voreinstellung).
2. Frage, unter welchen Umständen in diesem Fall der "Reseller" als Beauftragter (§ 8 I UWG) des Telekommunikationsunternehmens anzusehen ist.
3. Frage, unter welchen Umständen in einem solchen Fall der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch auch von einem Wettbewerbsverband geltend gemacht werden kann.
Normenkette
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 10, § 8 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 3-11 O 227/06) |
Nachgehend
Gründe
I. Wegen des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. §§ 3, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG zu, da jedenfalls der Telefonanschluss der Endkundin X ohne eine entsprechende Willenserklärung dieser Endkundin auf die von der Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl dauerhaft voreingestellt wurde bzw. werden sollte und die Beklagte sich das Handeln des dafür verantwortlichen Resellers gem. § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen müsse. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagte ist der Auffassung, ihr könne das Handeln der sog. "Reseller", also der Telekommunikationsunternehmen, denen sie ihre Netzdienstleistungen als Vorprodukt zur Verfügung stellt, damit diese ggü. den Endkunden Telefondienstleistungen anbieten kann, nicht zugerechnet werden. Es fehle an einer Beauftragung i.S.v. § 8 Abs. 2 UWG. Die Beklagte habe keine Möglichkeit, einen bestimmenden Einfluss auf die Reseller auszuüben. Diese hätten die Möglichkeit, mit dem gesamten Kundenstamm zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Im Übrigen liege in dem Verhalten der Beklagten keine Wettbewerbshandlung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Beklagte wirke an den Kundenumstellungen, die von der Klägerin beanstandet worden sind, allein in der Weise mit, dass sie eine Datenschnittstelle bereithalte, über die die Reseller die Pre-Selection-Auftragsdaten an die Y weiterleiten. Überdies seien sämtliche Willenserklärungen, die darauf gerichtet sind, eine neue dauerhafte Voreinstellung auf die Beklagte vorzusehen, Maßnahmen im Rahmen eines bereits begründeten Vertragsverhältnisses, weshalb ihnen der erforderliche Marktbezug fehle. Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Nachdem der Senat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass Bedenken gegen die Klagebefugnis der Klägerin dann bestehen könnten, wenn durch das beanstandete Verhalten allein die Firma Y beeinträchtigt sein könnte, hat die Klägerin dargelegt, dass im Falle eines Wechsels von Kunden von der Firma Y zur Beklagten eine etwa bestehende Pre-Selection entfernt werde. Damit sei auch der Wettbewerb von Telekommunikationsunternehmen, zu deren Gunsten die Pre-Selection eingerichtet worden sei und gegebenenfalls auch der Wettbewerb von Resellern, derer sich diese Telekommunikationsunternehmen wiederum zum Teil bedienen, beeinträchtigt. Wegen des Weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 3, 4 Nr. 10, 8 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 UWG. Dem LG ist darin zuzustimmen, dass der Reseller A eine unlautere Wettbewerbshandlung begangen hat, als er die Preselection-Auftragsdaten der Kundin X an die Beklagte zur Weiterleitung an die Firma Y übermittelte. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte die Endkundin X unstreitig ihren Preselection-Auftrag ggü. dem Reseller rechtswirksam widerrufen. Die Weiterleitung der Auftragsdaten trotz Widerrufs stellt eine Wettbewerbshandlung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar, denn sie dient dem Ziel, den Absatz des Resellers - und auch den der Beklagten - zu fördern. Dabei braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob der Reseller die Auftragsdaten im Bewusstsein des erfolgten rechtswirksamen Widerrufs weitergeleitet hat oder nicht. Der vorliegende Fall ist nicht vergleichbar mit dem, der der Entscheidung "Änderung der Voreinstellung" des BGH (WRP 2007, 1341) zugrunde liegt. Der dortigen Beklagten ist der Vorwurf gemacht worden, gegen ihre Verpflichtung zu verstoßen, die Voreinstellung von Kunden, die bislang ihre Kunden waren, j...