Leitsatz (amtlich)
Zum irreführenden Gehalt einer vergleichenden Werbung ("Ökostrom billiger als Atomstrom").
Normenkette
UWG § 5
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Aktenzeichen 14 O 633/07) |
Gründe
Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 II i.V.m. 313a I, 1 ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 5 I, 8 III Nr. 1 UWG zu.
Die im Tenor wiedergegebene Werbung verstößt gegen § 5 I UWG. Zur Begründung wird gem. §§ 540 II i.V.m. 313a) I, 2 ZPO auf den in das Sitzungsprotokoll aufgenommenen Hinweis des Senats verwiesen, der nachstehend nochmals wiedergegeben wird:
"Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage weist der Senat darauf hin, dass die konkret angegriffene Werbeanzeige aufgrund ihrer Gesamtgestaltung irreführend (§ 5 UWG) ist. Wie die Antragsgegnerin selbst vorträgt, geht der Durchschnittsverbraucher immer noch von der - unzutreffenden - Annahme aus, Ökostromtarife seien im Allgemeinen teurer als normale Stromtarife. Vor dem Hintergrund dieses Verkehrsverständnisses kann der in der Werbung vorgenommene, mit dem Satz "Ökostrom günstiger als Atomstrom: Vergleichen Sie selbst!" eingeleitete Tarifvergleich, der zugleich mit einer konkreten Ersparnisberechnung und eine Aufforderung zum Wechsel versehen ist, den Eindruck erwecken, im Verhältnis zwischen den verglichenen Tarifen der Parteien sei (sogar) der - normalerweise teurere - Ökostromtarif der Antragsgegnerin ausnahmsweise günstiger als der - normalerweise billigere - Normaltarif der Antragstellerin. Dies trifft nicht zu, weil die Antragstellerin ebenfalls einen Ökostromtarif anbietet, der günstiger ist als beide im Vergleich genannten Tarife."
Da der dargestellte, von der Antragstellerin bereits in der Antragsschrift geltend gemachte Irreführungsgesichtspunkt das Verbot der angegriffenen konkreten Werbung rechtfertigt, kommt es auf die weiteren von der Antragstellerin erhobenen Beanstandungen für die Entscheidung nicht an (vgl. BGH GRUR 2001, 453, 455 - TCM-Zentrum).
Ob die Antragstellerin in der Vergangenheit ihrerseits irreführend geworben hat, ist unerheblich, da der "unclean hands"-Einwand (§ 8 IV UWG) gegenüber einem Unterlassungsanspruch, der sich - wie der Vorwurf der Irreführung des Verbrauchers - gegen einen die Allgemeininteressen berührenden Wettbewerbsverstoß richtet, generell nicht in Betracht kommt (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., Rz. 2.39 zu § 11 UWG m.w.N.). Denn ansonsten könnte ein unzulässiges Wettbewerbsverhalten allein deshalb fortgesetzt werden, weil mehrere Mitbewerber sich in gleicher Weise verhalten (vgl. KG GRUR 2000, 93, 94). Das ist erst recht dann nicht hinnehmbar, wenn - wie vorliegend - auf dem fraglichen Markt ohnehin nur wenige Anbieter tätig sind.
Für den vom Antragsgegnervertreter beantragten Schriftsatznachlass ist im Eilverfahren grundsätzlich kein Raum. Im Übrigen enthielten weder der Protokollhinweis des Senats noch der Schriftsatz der Antragstellervertreterin vom 23.7.2008 neue entscheidungserhebliche Gesichtspunkte tatsächlicher oder rechtlicher Art.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2039245 |
GRUR-RR 2008, 410 |
OLGR-West 2009, 68 |