Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-6 O 263/03) |
Nachgehend
Gründe
A. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dadurch urheberrechtliche Nutzungsrechte der Klägerin verletzt hat, dass sie eine etwa 20 Sekunden lange Sequenz aus einer TV-Produktion des A:- aufgezeichnet, auf einem Großbildschirm in einem TV-Studio dem dort anwesenden Publikum vorgeführt und schließlich auch - über den Sender "B" - ausgestrahlt hat.
Die Klägerin nimmt als Verwertungsgesellschaft die Rechte des A wahr; zu diesem Zweck hat ihr der A die Urheber-, Leistungsschutz- und Nutzungsrechte an den von ihm oder in seinem Auftrag hergestellten Produktion übertragen. Eine solche Produktion ist auch die im Jahr 2001 für das Regionalfernsehen hergestellte und am 2.9.2001 ausgestrahlte Sendung "C"-. Zu Beginn dieser Sendung, die auch das Jodeln zum Gegenstand hatte, führt ein Reporter ein Interview mit einer Passantin. Er fragt sie zunächst, für wie spontan sie sich - gemessen an einer Skala von 1 bis 10- halte; sie antwortet: "Ach, schon spontan, 10,9". Sodann eröffnete er der Passantin, sein Thema sei das "Spontan-Jodeln", und versuchte, sie durch Anzählen des Taktes ("... drei, vier") zum Singen zu veranlassen. Die Passantin verstand dies aber falsch und dachte, sie werde danach gefragt, wie sie ihre Fähigkeiten im "Spontan-JodeIn" - gemessen an einer Skala von 1 bis 4- einschätze; darum antwortete sie, statt mit dem Jodeln zu beginnen, mit "3".
Die Beklagte ist ein Unternehmen, das u.a. die von D moderierte Sendung "E" produziert. Einer der Programmpunkte dieser Sendung besteht darin, dem im Studio anwesenden Publikum, das die Eintrittskarten für die Aufzeichnung der Sendung käuflich erworben hat, und (später) den Fernsehzuschauern Ausschnitte aus den aktuellen TV-Programmen anderer Sender vorzuführen. In der am 4.9.2001 ausgestrahlten Ausgabe von "E" wurde u.a. ohne Erlaubnis der Klägerin das oben geschilderte Interview aus der Sendung"C" gezeigt. Dieses Interview wurde von D wie folgt "anmoderiert":
"Da ist ein Mann, der interviewt eine Frau, und die gibt erst mal eine Antwort, die ist ganz korrekt- und dann die zweite Antwort, die die Frau gibt, ist so was von unmöglich, das ist die größte anzunehmende Unwahrscheinlichkeit, die da passiert. Ich glaube, wir haben selten einen irreren Ausschnitt gehabt. Schauen Sie es sich einfach mal an."
Nach der Wiedergabe des Interview äußerte D sich hierzu nochmals wie folgt:
"Ja, da muss man erst mal drauf kommen, oder? Ich glaube, kein Sketchschreiber der Welt würde jemals einen solchen Sketch schreiben, weil er sagt, der ist zu unwahrscheinlich, nimmt ihnen keiner ab. Das geht gar nicht. 3,4-3? Warum nicht, ja".
Weitere Kommentare zu dem Interview gab D nicht ab. Jedoch wurde das Interview nach einer Werbepause abermals gezeigt:
Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung ihrer urheberrechtlichen Nutzungsrechte und hat die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung sowie Zahlung von Lizenzgebühren i.H.v. 2.556,46 EUR in Anspruch genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen - es bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel zu unterlassen, den in der Anlage KO beigefügten Ausschnitt aus der Fernsehsendung "C" des A vom 2.9.2001 zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder öffentlich wiederzugeben und/oder hinsichtlich des Ausschnitts Senderechte Dritten anzubieten,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der Handlungen zu Ziff. 1, insbesondere über die Anzahl der hergestellten und verbreiteten Vervielfältigungsstücke, Name und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, Umsatz, sämtliche Kostenfaktoren und den erzielten Gewinn sowie Anzahl der Wiedergaben des Ausschnitts im Rahmen von"E-Produktionen" und -sendedaten,
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der sich aus der Auskunft gem. Ziff. 2 ergibt, mit Ausnahme des Schadens, der durch die Ausstrahlungen des in Ziff. 1 genannten Sendebeitrags in der Sendung "E" vom 4.9.2001 entstanden ist,
4. die Beklagte zu verurteilen, 2.556,46 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 14.9.2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, eine Urheberrechtsverletzung liege wegen freier Nutzung der Laufbilder nicht vor, zudem sei ihr Verhalten durch das Zitatrecht des § 51 Nr. 2 UrhG gedeckt. Schließlich seien die von der Klägerin geforderten Lizenzgebühren überhöht.
Durch Urteil vom 26.11.2003 hat das LG die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Entscheidung ist im Wesentlichen damit begründet, dass der A, dessen Rechte die Klägerin wahrnehme, für das streitbefangene Interview jedenfalls Laufbildschutz nach § 95 UrhG in Anspruch nehmen könne; die Beklagte habe durch die Vorführung, Aufnahme und Ausstrahlung des Interviews das Recht der Klägerin zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Wiedergabe...