Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerrufsbelehrung bei vertraglichem Widerrufsrecht
Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung für ein vertragliches Widerrufsrecht bei einem Fondsbeitritt.
Normenkette
BGB § 355
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.04.2010) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.4.2010 verkündete Urteil des LG Frankfurt/M. wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten der ersten Instanz der Kläger zu 56 % und die Beklagte zu 44 % zu tragen haben.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollsteckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der beklagten FondsGbR die Feststellung, dass der zwischen ihnen geschlossene Gesellschaftsvertrag durch Widerruf beendet wurde.
Der Kläger unterzeichnete am 15.9.2005 ein Angebot zum Beitritt zur Beklagten. Ob dies in einer Haustürsituation geschah, ist zwischen den Parteien streitig.
Die Beitrittserklärung (Bl. 13Bl. ) enthält eine Belehrung über ein Widerrufsrecht des Klägers, auf die verwiesen wird. Dieser erklärte mit Schreiben vom 21.8.2009 den Widerruf seiner Beitrittserklärung. Bisher hat er auf seinen Gesellschaftsanteil 7.192,50 EUR gezahlt.
Wegen des Sachverhalts im Weiteren und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 202 ff. Bl. ) verwiesen. Zu ergänzen ist:
Die Beitrittserklärung bestimmt u.a. Folgendes:
Der Kläger soll die Einmaleinlage i.H.v. 6.000 EUR und die erste monatliche Rate von 52,50 EUR erstmals am 1.11.2005 zahlen.
Die ordentliche Kündigung der Beteiligung ist während der Ratenzahlungsdauer ausgeschlossen (Ziff. 10 der Beitrittserklärung).
Zur Prozessgeschichte ist wie folgt zu ergänzen:
Der Kläger hatte zunächst beantragt:
1. festzustellen, dass der Gesellschaftsvertrag durch Widerruf beendet ist und die Beklagte hieraus keine rechtlichen Verpflichtungen mehr herleiten kann;
2. festzustellen, dass der Beklagten aus dem Gesellschaftsverhältnis keine Rechte mehr zustehen;
3. an den Kläger außergerichtliche Kosten von 568,50 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 25.2.2010 und in der mündlichen Verhandlung vor dem LG hat der Kläger diese Anträge in nur noch einem Antrag wie folgt "präzisiert": Es wird festgestellt, dass der Gesellschaftsvertrag durch Widerruf beendet ist.
Mit Urteil vom 23.4.2010 (Bl. 202 ff. Bl. ) hat das LG diesem letzten Antrag stattgegeben und die vorausgehenden Anträge auf Antrag der Beklagten durch Versäumnis(Teil-)urteil zurückgewiesen. Wegen der Begründung der Stattgabe wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Beklagten.
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor:
Das LG habe übersehen, dass die Klage bereits nicht schlüssig sei, da ein Feststellungsinteresse fehle. Der Kläger hätte vielmehr Leistungsklage in Form einer Stufenklage auf Auskunftserteilung und Zahlung erheben müssen, wie auch das LG Stralsund in seinem Urteil vom 14.6.2010 (Bl. 295 ff. Bl. ) entschieden habe.
Eine Haustürsituation anlässlich seines Beitritts könne der Kläger nicht für sich in Anspruch nehmen. Es liege insoweit schon kein substantiierter Vortrag vor. Außerdem sei der Kläger selbst als Vermittler tätig gewesen und habe sich quasi selbst für den Beitritt zur Beklagten geworben (wird ausgeführt).
Der Widerruf des Klägers sei verfristet. Das LG gehe zu Unrecht davon aus, dass die Widerrufsbelehrung wegen der unter der Adresse des Widerrufsadressaten angegebenen Telefonnummer unwirksam sei (wird ausgeführt).
Auch ansonsten sei die Widerrufsbelehrung nicht falsch. Als Zeitpunkt des "In-Vollzug-Setzens" der Beteiligung sei der 1.11.2005 vereinbart gewesen; zu diesem Zeitpunkt könne von Seiten des Klägers noch keine Leistung an die Beklagte erbracht worden sein, auf deren Rückgewähr im Rahmen der Widerrufsbelehrung habe hingewiesen werden müssen.
Es sei abwegig zu glauben, die Beklagte habe dem Kläger ein unbegrenztes Widerrufsrecht einräumen wollen. Soweit man von einem vertraglichen Widerrufsrecht ausgehen wolle, sei nicht einzusehen, warum in einem solchen Fall die freiwillig gewährte Widerrufsmöglichkeit an den strengen Regeln des § 355 zu messen sein sollte. Insoweit werde auf eine Entscheidung des OLG Stuttgart vom 29.6.2010 - 6 W 15/10 verwiesen.
Schließlich sei auch die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils falsch, da das LG nicht berücksichtigt habe, dass die ursprünglich angekündigten Anträge konkludent zurückgenommen worden seien. Aber selbst wenn der Kläger im Rahmen der Säumnis unterlegen wäre, wie das LG angenommen habe, müsste sich dies in der Kostenentscheidung ausdrücke...