Normenkette
BGB §§ 823, 847
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-20 O 71/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 30.7.2001 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn ihrer Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jew. zur Vollstreckung gebrachten Betrages leistet.
Das Urteil beschwert jeden der Kläger mit mehr als 20.000 Euro.
Tatbestand
Die Kläger waren 1942 polnische Staatsangehörige. Weil sie jüdischen Glaubens waren, wurden sie im Konzentrationslager Auschwitz inhaftiert. Auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS und der Beklagten mussten die Kläger in den Jahren 1942 bis 1945 in dem Werkkomplex Auschwitz-Monowitz der Beklagten Zwangsarbeit leisten. Eine Vergütung haben sie dafür nicht erhalten. Die Kläger verlangen von der Beklagten den Ersatz materiellen und immateriellen Schadens bzw. Herausgabe des Wertes der Arbeitsleistung, um den die Beklagte ungerechtfertigt bereichert sei. Als Vergleichsmaßstab ziehen die Kläger den – indexierten – üblichen Lohn deutscher Arbeiter in der Zeit bis 1945 heran. Zusätzlich verlangen die Kläger für die ihnen von der Beklagten widerfahrene Behandlung ein Schmerzensgeld jeweils i.H.v. 10.000 DM.
Der Kläger zu 1) leistete in der Zeit vom 4.9.1943 bis 18.1.1945 Zwangsarbeit in der Janinagrube der Fürstengrube GmbH, einem ehemaligen Unternehmen der Beklagten, das zu dem Werkkomplex Auschwitz-Monowitz gehörte.
Der Kläger zu 2) leistete in der Zeit vom 6.6.1943 bis 18.1.1945 Zwangsarbeit in dem Werkkomplex Auschwitz-Monowitz.
Der Kläger zu 3) leistete in der Zeit vom 20.10.1942 bis 18.1.1945 Zwangsarbeit in dem Werkkomplex Auschwitz-Monowitz.
Der Kläger zu 4) leiste in der Zeit vom 13.7.1943 bis 8.9.1944 Zwangsarbeit in dem Werkkomplex Auschwitz-Monowitz.
Der Kläger zu 5) leiste in der Zeit vom 20.10.1942 bis 18.1.1945 Zwangsarbeit in dem Werkkomplex Auschwitz-Monowitz.
Aus Anlass des vor dem 5. Zivilsenat des OLG Frankfurt am Main geführten Berufungsverfahrens über die Klage des in Auschwitz-Monowitz zur Arbeit gezwungenen N.W. gegen die Beklagte schloss die Beklagte mit der Conference on Jewish Material Claims against Germany Inc. (im Folgenden: JCC) am 6.2.1957 ein Abkommen. Sie stellte auf Grund dieses Abkommens zur Entschädigung der in ihren Betrieben in Auschwitz zur Arbeit gezwungenen Häftlinge insgesamt 30 Mio. DM zur Verfügung. Damit sollten alle gegen die Beklagte und die mit ihr verbundenen Unternehmen gerichteten Ansprüche der zur Arbeit in ihren Betrieben in Auschwitz gezwungenen Häftlinge abgegolten sein. Vorgesehen war ferner, dass Leistungen an Empfänger nur erfolgen, wenn diese eine Erklärung abgeben, dass sie auf etwaige Ansprüche gegen die Beklagte verzichten. Ferner wurde vereinbart, sich um den Erlass eines Gesetzes über den Aufruf der Gläubiger der Beklagten gemeinsam zu bemühen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Abkommens wird auf die Anlage K 7 (Bl. 100 ff. d.A.) Bezug genommen.
Am 27.5.1957 ist das Gesetz über den Aufruf der Gläubiger der … Industrie Aktiengesellschaft in Abwicklung (BGBl. I, 569) verkündet worden.
Die Kläger zu 1) bis 4) haben auf Grund des Bundesentschädigungsgesetzes Entschädigungen wegen des während der Zeit ihrer Inhaftierung im Konzentrationslager Auschwitz erlittenen Schadens an Freiheit sowie Schadens an Körper oder Gesundheit erhalten.
Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
an den Kläger zu 1) 46.917 DM
an den Kläger zu 2) 54.740 DM
an den Kläger zu 3) 70.399 DM
an den Kläger zu 4) 40.799,36 DM
an den Kläger zu 5) 69.564,80 DM
jew. nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, ggü. natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts könnten Ansprüche ausländischer Zwangsarbeiter auf Grund völkerrechtlicher Grundsätze nicht geltend gemacht werden. Den Ansprüchen stünde auch § 1 Abs. 3 S. 1 des Gesetzes über den Aufruf der Gläubiger der … entgegen. Die Kläger zu 2) bis 5) hätten auch jeweils 5.000 DM auf Grund der zwischen der Beklagten und der JCC getroffenen Vereinbarung erhalten, was die Kläger zu 2) bis 5) mit dem Vortrag, sich an derartige Zahlungen nicht zu erinnern, bestreiten, und die in dieser Vereinbarung vorgesehenen Verzichtserklärungen abgegeben. Wegen der erhobenen Ansprüche, die im Jahre 1999 rechtshängig gemacht wurden, erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
Das LG hat die Klage abgewiesen, weil den Ansprüchen § 16 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft” (EVZ-StiftG) entgegenstehe. Jedenfalls ...