Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrssicherungspflicht: Aufstellen des Verkehrszeichens Nr. 112 (unebene Fahrbahn) zur Absicherung einer Kabelbrücke auf einem von Fahrradfahrern genutzten Land- und Forstwirtschaftsweg; gebotene Fahrweise

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Anforderungen an die Verkehrssicherung einer Kabelbrücke, die quer über einen von Fahrradfahrern genutzten Land- und Forstwirtschaftsweg verlegt ist.

2. Eine quer über einen von Fahrradfahrern genutzten Land- und Forstwirtschaftsweg verlegte Kabelbrücke kann durch das Aufstellen des Verkehrszeichens Nr. 112 (unebene Fahrbahn) in einem Abstand von 10 m vor der Kabelbrücke ausreichend abgesichert sein.

3. Das durch das Verkehrszeichen Nr. 112 gebotene vorsichtige und langsame Fahren liegt bei einer festgestellten Annäherungsgeschwindigkeit eines Fahrradfahrers von mindestens 33 km/h nicht mehr vor.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1; StVO § 32 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Entscheidung vom 30.01.2014; Aktenzeichen 3 O 244/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 30.01.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Darmstadt in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 02.04.2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zu 1) und 3) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.348,14 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das klagende Land macht als Dienstherr Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht gegen die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner wegen eines tödlichen Fahrradunfalls des ... A vom ...2011 geltend.

Der Verstorbene befuhr am ...2011 gegen 20 Uhr in der Gemarkung Stadt1 mit seinem Rennrad der Marke B den parallel zur X ... verlaufenden, abschüssigen Land- und Forstwirtschaftsweg. Der Weg war mit den Verkehrszeichen Nr. 260 (Verbot für Kraftfahrzeuge) und Nr. 1026-38 (land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei) beschildert. Kurz vor der Einmündung des Wegs auf die Kreuzung Straße1 war in einer Kurve eine Kabelbrücke quer zur Fahrbahn verlegt. Das in ihr befindliche Kabel diente zur Stromversorgung eines vom Beklagten zu 1) angelegten Maislabyrinths sowie von verschiedenen Kulturveranstaltungen der Beklagten zu 3). Eine Genehmigung der Beklagten zu 3) für die Verlegung der Kabelbrücke lag nicht vor. Vor der Kabelbrücke war in beiden Fahrtrichtungen das Verkehrszeichen Nr. 112 (unebene Fahrbahn) aufgestellt. In Fahrtrichtung des Verstorbenen stand das Verkehrszeichen in einem Abstand von 10 m vor der Kabelbrücke am rechten Fahrbahnrand.

Der Verstorbene prallte 8,50 m hinter der Kabelbrücke auf den Boden. Er trug keinen Fahrradhelm. Bei dem Aufprall zog er sich eine schwere Kopfverletzung zu, an deren Folgen er am ...2011 in der Klinik1 Stadt2 verstarb.

In einem Schreiben an das Polizeipräsidium Z vom 04.09.2011 (Anlage K 9, Bl. 48 f. d. A.) teilte die Beklagte zu 3) unter anderem Folgendes mit:

"Auf Grund der Örtlichkeit (Gefällstrecke, Kurvenbereich) und der Kenntnis, dass Radfahrer den parallelen landwirtschaftlichen Weg entlang der X ... nutzen und die Kabelbrücke für die Dauer der Veranstaltung auf dem Maisfeldlabyrinth einige Wochen über Nacht montiert worden wäre, wäre diese Kabelbrücke in der Form, wie sie war (leicht schräg in der Kurve) nicht genehmigt worden, wenn eine Genehmigung beantragt worden wäre. In einer Genehmigung wäre deshalb ein um einige Meter versetzter Standort auf gerader Strecke und eine Verlegung im rechten Winkel zur Straße (siehe Plan) gefordert worden."

Gemäß Beihilfebescheid vom 20.09.2011 (Anlage K 3, Bl. 9 d. A.) leistete der Kläger im Zusammenhang mit dem Unfall Zahlungen in Höhe von 27.620,64 EUR. Aufgrund eines Beihilfebescheids vom 31.10.2011 (Anlage K 4, Bl. 10 d. A.) leistete er weitere 1.727,50 EUR. Der Kläger forderte daraufhin insgesamt einen Betrag in Höhe von 29.348,14 EUR von den Beklagten zu 1) und 3), die eine entsprechende Zahlung jedoch ablehnten.

Gegen den Beklagten zu 1) wurde zu Az. ... ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung eingeleitet, das mit Bescheid der Staatsanwaltschaft Stadt3 vom 08.12.2011 (Bl. 80 f. d. Akte ...) eingestellt wurde. Die hiergegen von der Ehefrau des Verstorbenen erhobene Beschwerde wurde mit Bescheid der Generalsstaatsanwaltschaft Stadt2 vom 30.01.2012 (Bl. 95 ff. d. Akte ...) verworfen.

Der Kläger ist der Ansicht, der tödliche Fahrradunfall sei auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten der Beklagten zu 1) und 3) zurückzuführen.

Er hat behauptet, die unfallkausale Kabelbrücke sei für den Verstorbenen nicht vorh...

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