Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.06.2006; Aktenzeichen 2-04 O 90/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 21.6.2006 - Az.: 2-04 O 90/02 - wird bezüglich des Beklagten zu 4) als unzulässig verworfen, hinsichtlich der Beklagten zu 1) bis 3) zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert beträgt 171.512,14 EUR.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1) bis 4) wegen eines Behandlungsfehlers auf materiellen Schadensersatz (Verdienstausfall) und Schmerzensgeld in Anspruch.
Er wurde am 25.3.1999 in der Klinik der Beklagten zu 1) vom Beklagten zu 2) wegen eines Hypophysentumors operiert. Am 3.4.1999 wurde der Kläger entlassen, ohne dass ihm das einer Austrocknung entgegen wirkende Medikament X mitgegeben oder verordnet wurde. Am 5.4.1999 begann der Kläger körperlich abzubauen. Die diensthabende Ärztin empfahl der Ehefrau des Klägers am Telefon, den Kläger wieder in die Klinik zu bringen, wenn sich sein Zustand weiter verschlechtere. Am 6.4.1999 kam der Kläger mit seiner Ehefrau erneut in die Klinik, wobei er sich infolge seines geschwächten Zustandes eines Rollstuhls bedienen musste. Das von der Beklagten zu 4) veranlasste MRT ergab einen normalen kernspintomographischen Befund nach erfolgter Operation eines Hypophysenadenoms. Der Beklagte zu 3) riet die stationäre Aufnahme an und verordnete eine Infusionsbehandlung. Dies wurde vom Kläger verweigert, der sich wieder nach Hause begab. Am 7.4.1999 wurde er notfallmäßig wieder eingeliefert, nachdem er beim Aufstehen aus dem Bett gefallen war und nicht mehr sprechen konnte. Der Beklagte zu 3) veranlasste die Verlegung des Klägers auf die Intensivstation, wo ein Schlaganfall diagnostiziert wurde. Der Kläger wurde deshalb bis zum 29.7.1999 behandelt.
Der Kläger hat geltend gemacht, es liege ein grober Behandlungsfehler der Beklagten vor. Die fehlende X-gabe sei für den Schlaganfall ursächlich gewesen. Er sei bei seiner Entlassung auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass die operative Entfernung der Hypophyse zur Austrocknung führen könne und bei diesbezüglichen Anzeichen eine alsbaldige Wiedervorstellung in der Klinik erforderlich sei. Er habe die Klinik am 6.4.1999 nur deswegen verlassen, weil er aufgrund seines Zustandes - Sehstörungen, beginnende Verwirrung und Lähmung - die Situation nicht richtig habe einschätzen können.
Die Beklagten bestreiten einen Behandlungsfehler.
Die Beklagten zu 2) und 4) haben die gegen sie gerichtete Klage für unschlüssig gehalten. Der Beklagte zu 2) sei am 3. und 6.4.1999 urlaubsabwesend gewesen, und die Beklagte zu 4) habe als Assistenzärztin nicht zu entscheiden, welche Medikamente dem Kläger mitzugeben seien. Es sei auch nicht abzusehen gewesen, dass die Gabe von X erforderlich werden würde, da während des stationären Aufenthaltes des Klägers niemals ein behandlungsbedürftiger Diabetes insipidus vorgelegen habe. Der Beklagte zu 3) habe den Kläger beim Entlassungsgespräch auch darauf hingewiesen, dass er im Falle der Veränderung seines Wohlbefindens sofort telefonischen Kontakt zur Klinik aufnehme bzw. die Klinik aufsuchen müsse. Der Kläger sei auch am 6.4.1999 nicht fehlerhaft behandelt worden. Es sei sachgerecht gewesen, vor einer Infusion zunächst die neurologische Symptomatik abzuklären. Die stationäre Aufnahme habe der Kläger nach einer längeren Diskussion mit dem Beklagten zu 3) abgelehnt.
Das LG hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. SV1 und dessen mündlicher Erläuterung (Bl. 158 bis 169, 200 bis 206 d.A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es zwar kein Fehler gewesen sei, dem Kläger bei der Entlassung kein X mitzugeben. Aber ein unterlassener Hinweis, den Patienten auf die Problematik der Austrocknung hinzuweisen, sei vom Sachverständigen als schwerwiegend eingestuft worden. Eine Beweisaufnahme über das behauptete Aufklärungsgespräch könne gleichwohl unterbleiben: Selbst wenn der unterlassene Hinweis nämlich als grob fehlerhaft einzustufen sei, bleibe der Kläger beweisfällig für die Kausalität der fehlenden Aufklärung für den Schlaganfall. Eine Umkehr der Beweislast finde nicht statt, weil der Kläger die stationäre Aufnahme verweigert habe.
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung wiederholt der Kläger sein Vorbringen, die Nicht-Mitgabe bzw. Nicht-Verordnung von X sei fehlerhaft gewesen. Die Beklagten hätten den Kläger auch nicht am 5. oder 6.4.1999 darauf hingewiesen, dass sich sich seine Kopfschmerzen und seine Übelkeit auf eine Austrocknung...