Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 489 Abs. 4 S. 2 BGB erfasst unmittelbar auch kommunale Zweckverbände
Leitsatz (amtlich)
Kommunale Zweckverbände unterfallen dem Anwendungsbereich des § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB, womit ihnen gegenüber der Ausschluss oder die Erschwerung der Kündigungsrechte aus § 489 Abs. 1 und 2 BGB zulässig ist.
Normenkette
BGB § 489
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.03.2021; Aktenzeichen 2-07 O 252/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12. März 2021, 2-07 O 252/20, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen die Abweisung seiner Klage, mit der er Feststellung der Wirksamkeit einer von ihm erklärten Kündigung eines von den Parteien im Jahre 2006 abgeschlossenen Darlehensvertrages begehrt.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen thüringischen Zweckverband, in welchem sich Städte und Gemeinden gemäß § 16 Abs. 1 (ThürKGG) zusammengeschlossen haben, um Wasser zu beschaffen, Wasservorkommen zu erschließen und die Abwasserbeseitigung vorzunehmen. Wegen der Einzelheiten der Verbandssatzung wird auf Anlage K2 (Anlagenband Kläger) Bezug genommen. Die Beklagte ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, der in Hessen und Thüringen die Aufgaben einer Kommunal- und Staatsbank obliegen.
Die Parteien pflegen langjährige Geschäftsbeziehungen. In den Jahren 2005 und 2006 schlossen sie mehrere Darlehensverträge mit Zinsfestschreibungen bis in das Jahr 2036.
Streitgegenständlich ist ein von den Parteien im November 2006 abgeschlossener Darlehensvertrag über 1.387.900,09 EUR, der eine Laufzeit bis zum 31. Oktober 2036 und einen über die gesamte Laufzeit festgeschriebenen Zinssatz von 4,065 % vorsieht. Hinsichtlich der "Konditionen im Einzelnen" verweist der Darlehensvertrag auf einen "Schuldschein" (Anlage K9), der unter Ziffer 3. folgende Klausel enthält:
"Für den Kreditnehmer und die Bank ist das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen."
Im Dezember 2017 wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um ein Gespräch zur Umfinanzierung wegen des zwischenzeitlich deutlich niedrigeren Zinsniveaus auf Basis einer partnerschaftlichen Diskussion und zur Vermeidung einer Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BGB. Dem entgegnete die Beklagte, dass eine ordentliche Kündigung der Darlehen ausgeschlossen sei. Eine Kündigung könne zwar prinzipiell akzeptiert werden. Da der Bank für die Auflösung der fristenkongruenten Refinanzierungspositionen aufgrund der vorzeitigen Rückzahlung Kosten entstünden, müssten in diesem Fall jedoch Vorfälligkeitsentgelte in Rechnung gestellt werden. Die Parteien konnten sich nicht über die Konditionen einer Umfinanzierung einigen.
Mit von seinem Werksleiter A unterzeichnetem Schreiben vom 28. Oktober 2019 erklärte der Kläger die "ordentliche Kündigung" des streitgegenständlichen Kommunalkredits mit Wirkung zum 30. April 2020. Die Beklagte wies die Kündigung zurück. Am 5. Mai 2020 überwies der Kläger der Beklagten die zu diesem Zeitpunkt offenstehende Restvaluta in Höhe von 764.830,09 EUR auf das Schuldscheindarlehenskonto bei der Beklagten. Seitdem verwahrt die Beklagte den Betrag für den Kläger, wobei sie monatlich die Aufrechnung mit den im streitgegenständlichen Darlehensvertrag vereinbarten Raten erklärt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass der vertragliche Kündigungsausschluss gemäß § 489 Abs. 4 S. 1 BGB unwirksam sei und somit der Kündigung nicht entgegenstehe. Ferner sei der Kündigungsausschluss auch nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie den Vertragspartner der Bank - und somit auch den Kläger - unangemessen benachteilige. Mit dem Wortlaut der Klausel habe die Beklagte einen wechselseitigen Verzicht vorgetäuscht, obwohl ihr ein ordentliches Kündigungsrecht nicht zugestanden habe, auf welches sie hätte verzichten können.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
1. festzustellen, dass der zwischen den Parteien am 9./10. November 2006 abgeschlossene Kommunalkredit zu Kto.Nr. ... durch die Kündigung des Klägers vom 28. Oktober 2019 und dessen Zahlung in Höhe von 764.830,09 EUR an die Beklagte vom 5. Mai 2020 zum 30. April 2020 beendet worden ist und
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme der Restvaluta des Kommunalkredits zu Kto.Nr. ... per 30. April 2020 durch die Zahlung von 764.830,09 EUR vom 5. Mai 2020 seitens des Klägers in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger bei Klageerhebung vom Verbandsvorsitzenden C und nicht vom Werksleiter ...