Leitsatz (amtlich)
Zum Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung wegen fehlerhafter Verweigerung von Prozesskostenhilfe.
Normenkette
BGB § 839; GG Art. 34
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.04.2007; Aktenzeichen 2-4 O 213/98) |
Gründe
Die Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg. Sie kann von dem Beklagten Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung der Richter des 8. Zivilsenats des OLG Frankfurt bei der Rechtsanwendung im Zusammenhang mit der Beschwerdeentscheidung vom 27.4.1995 (8 W 19/95) beanspruchen. Mit dieser Entscheidung wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe verweigert für einen Schadensersatzprozess, den die Klägerin gegen ihren früheren Rechtsanwalt ... wegen unterlassener Aufklärung über die zur Verhinderung des Verjährungseintritts erforderlichen Maßnahmen erheben wollte. Die Verneinung einer Pflichtverletzung des Rechtsanwalts ... durch die Beschwerdeentscheidung des. 8. Zivilsenats stellt eine fehlerhafte Rechtsanwendung dar, die die Voraussetzungen einer schuldhaften Amtspflichtverletzung erfüllt (Art. 34 GG, § 839 BGB).
Die Verneinung einer Pflichtverletzung des Rechtsanwalts ... in der Beschwedeentscheidung vom 27.4.1995 weicht ohne nachvollziehbare Begründung ab von den nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung bestehenden Anforderungen an die Aufklärungspflicht, die ein Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten zu erfüllen hat.
Ein Rechtsanwalt muss zur Sicherung eventueller Ansprüche des Mandanten Verjährungsfristen feststellen und den Auftraggeber über deren Ablauf rechtzeitig aufklären (BGH v. 14.7.1994 - IX ZR 204/93, MDR 1994, 1249 = BRAK 1995, 42 = NJW 1994, 2822,2823; BGH v. 19.12.1991 - IX ZR 41/91, BRAK 1992, 175 = MDR 1992, 415 = NJW 1992, 820; Zugehör/Sieg, Handbuch der Anwaltshaftung, S. 320, 321; Palandt/Heinrichs, 60. AufL, BGB, § 276, Rz. 39 m.w.N.). Zur Erfüllung dieser Pflicht war von Rechtsanwalt ... zu beachten, dass der Prozesskostenhilfeantrag für die Klage auf Zahlung des Pflichtteilsanspruches nur wenige Tage vor Ablauf der für diesen Anspruch geltenden Verjährungsfrist bei Gericht eingereicht worden war und dass nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung die verjährungshemmende Wirkung des Prozesskostenhllfegesuchs nur dann erhalten blieb, wenn binnen einer Frist von höchstens zwei Wochen nach dessen Ablehnung durch das erstinstanzliche Gericht hiergegen Beschwerde eingelegt wird (BGH NJW-RR 1991, 5.3; BGHZ 98295, 301). Demgemäß hat der Rechtsanwalt seine anwaltlichen Pflichten gegenüber der Klägerin dadurch verletzt, dass er sie bei der Übersendung des die Prozesskostenhilfe verweigernden Beschlusses des LG Gießen vom 16.9.1991 - 4 O 334/91 - lediglich auf die Beschwerdemögllchkeit, nicht aber auch darauf hinwies, dass die verjährungshemmende Wirkung des Prozesskostenhilfegesuchs nur dann erhalten bleibt, wenn die an sich nicht fristgebundene Beschwerde binnen einer Frist von höchstens zwei Wochen eingelegt wird.
Es lagen keine Umstände vor, die eine Belehrung der Klägerin über diese Frist entbehrlich machten. Eine Aufklärung und Belehrung der Partei ist nur dann entbehrlich, wenn der Rechtsanwalt mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass der Partei die Rechtslage bekannt ist (BGH v. 19.12.1991 - IX ZR 41/91, BRAK 1992, 175 = MDR 1992, 415 = NJW 1992, 820; Zugehör/Sieg, a.a.O., S. 301 m.w.N.). Das war hier nicht der Fal. Zwar kann man davon ausgehen, dass die Klägerin in allgemeiner Form. Kenntnis von dem drohenden Ablauf der Verjährungsfrist für die Erhebung der beabsichtigten Klage hatte. Das ergibt sich aus der Begründung des Antrages auf Prozesskostenhilfe vom 20.6.1993, die ausdrücklich auf die drohende Verjährung hinweist und die der Klägerin bekannt war. Es ist jedoch kein Anhalt dafür erkennbar, dass die Klägerin auch wusste, dass die durch den Prozesskostenhilfeantrag ausgelöste Hemmung der Verjährung nur erhalten blieb, wenn sie die an sich nicht fristgebundene Beschwerde gegen den die Prozesskostenhilfe verweigernden Beschluss des LG binnen zwei Wochen einlegte. Eine Kenntnis von dieser nach gefestigter Rechtsprechung zu beachtenden Frist kann insb. nicht aus dem persönlichen Schreiben der Klägerin vom 13.7.1992 in dem Verfahren 4 O 334/94 LG Gießen abgeleitet werden. Dieses Schreiben enthält zwar eine Vielzahl von Rechtsausführüngen. Diese Ausführungen lassen auch erkennen, dass die Klägerin von der Hemmungswirkung des Prozesskostenhilfeantrages wusste. Nicht erkennbar ist jedoch, dass die Klägerin auch die genannte Frist von zwei Wochen zur Einlegung der Beschwerde kannte.
Danach hätte der 8. Zivilsenat eine Pflichtverletzung des Rechtsanwalts nicht verneinen dürfen. Diese Entscheidung stellt eine amtspflichtwidrige Rechtsanwendung dar, weil, sie ohne nachvollziehbare Begründung in Widerspruch zu der einschlägigen gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung steht.
Zwar lässt die Beschwerdeentscheidung im Ansatz zutreffend erkennen, dass nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung die verjährungshemmende Wirkung de...