Leitsatz (amtlich)
Nach § 651a Abs. 4 S. 1 BGB kommt eine Erhöhung des Reisepreises nur dann in Betracht, wenn dies mit genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises im Vertrag vorgesehen ist. Wird der Kunde in einer derartigen Klausel nicht in die Lage versetzt, die Preiserhöhung nach Grund und Höhe nachzuvollziehen, liegt ein Verstoß gegen § 9a AGBG vor (Anschluss an OLG Düsseldorf RRa 2002, 32 f.).
Normenkette
AGBG § 9; BGB § 651a
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.03.2001; Aktenzeichen 2/20 O 31/00) |
Tatbestand
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 22a AGBG, §§ 4, 16 Abs. 4 UKlaG eingetragen ist. Das beklagte Reiseunternehmen verwendet gegenüber ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen, die u.a. folgende Klauseln enthalten:
Leistungs- und Preisänderungen
"4.3.a. behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Falle der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen wie Hafen- oder Flughafengebühren, in dem Umfang zu ändern, wie sich die Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, sofern zwischen dem Zugang der Reisebestätigung beim Kunden und dem vereinbarten Reisetermin mehr als vier Monate liegen ..."
Gewährleistung/Haftung
"9.3.2. Die im Rahmen einer Reise oder zusätzlich zu dieser erbrachte Beförderung im Linienverkehr, für die Ihnen ein entsprechender Beförderungsausweis ausgestellt wurde, erbringen wir als Fremdleistung, sofern wir in der Reiseausschreibung und in der Reisebestätigung ausdrücklich darauf hinweisen. Wir stehen daher nicht für die Erbringung der Beförderungsleistung selbst ein ..."
Gewährleistung/Haftung
"9.4.5. Wir haften nicht für Leistungsstörungen im Bereich von Fremdleistungen, die lediglich vermittelt werden und in der Reiseausschreibung ausdrücklich als solche gekennzeichnet werden."
Gegen diese Klauseln - sowie gegen zwei weitere Klauseln, die Gegenstand des ersten Rechtszugs waren - wendet sich der Kläger mit der Unterlassungsklage. Mit Urteil vom 22.3.2001 hat das LG die Klage wegen der genannten Klauseln abgewiesen und ihr im Übrigen stattgegeben (Bl. 136 bis 144 d.A.). Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Unterlassungsantrag weiter, soweit die Klage abgewiesen wurde.
Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 22.3.2001 abzuändern und den Beklagten über die Verurteilung erster Instanz hinaus bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - zu vollziehen an den Geschäftsführern - für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, in Bezug auf Reiseverträge folgende und diesen inhaltsgleiche Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, ausgenommen gegenüber einer Person, die in ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):
1. (4.3. Leistungs- und Preisänderungen) a. behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Fall der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen wie Hafen- oder Fluggebühren, in dem Umfang abzuändern, wie sich die Erhöhung der Beförderungskosten oder Abgaben für bestimmte Leistungen pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, sofern zwischen dem Zugang der Reisebestätigung bei Kunden und dem vereinbarten Reisetermin mehr als vier Monate liegen.
2. (9.3.2. Gewährleistung/Haftung) Die im Rahmen einer Reise oder zusätzlich zu dieser erbrachteBeförderung im Linienverkehr, für die Ihnen ein entsprechender Beförderungsausweis ausgestellt wurde, erbringen wir als Fremdleistung, sofern wir in der Reiseausschreibung und in der Reisebestätigung ausdrücklich darauf hinweisen. Wir stehen daher nicht für die Erbringung der Beförderungsleistung selbst ein.
3. (9.4.5. Gewährleistung/Haftung) Wir haften nicht für Leistungsstörungen im Bereich von Fremdleistungen, die lediglich vermittelt werden und in der Reiseausschreibung ausdrücklich als solche gekennzeichnet werden.
Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht insbesondere zur Klausel 4.3. geltend, dass ein Verlangen nach Preiserhöhung für den Kunden nach Grund, Zeitpunkt und Höhe nachvollziehbar sei, weil sie im Gegensatz zu der nicht durchsichtigen Kalkulation eines Pauschalreiseveranstalters, der Flugkontingente bei Charterfluggesellschaften einkaufe, nur die konkret von jeder Luftverkehrsgesellschaft geforderten Erhöhungen an den Kunden "durchreiche". Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei verjährt oder jedenfalls verwirkt, da die beanstandeten Klauseln seit dem Jahr...