Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für einen Anspruch einer Rechtsanwaltskanzlei auf Unterlassen der Übermittlung von Spam-Mail
Leitsatz (redaktionell)
Der Streitwert eines Anspruchs einer Rechtsanwaltskanzlei auf Unterlassen der unverlangten Übermittlung von Werbe-E-Mails ist auf 3.000,-- EUR festzusetzen.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 19.07.2007; Aktenzeichen 309 T 110/07) |
Gründe
I. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren haben die Antragsteller, die in Hamburg eine Rechtsanwaltssozietät betreiben, gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Unterlassung unaufgeforderter Zusendung von Werbemails geltend gemacht. Der Antragsgegner hatte den Antragstellern einmalig am 22.03.2007 eine e-Mail gesendet, in der er seine Dienste für einen Finanzierungsvergleich bei Eigenheimen anbot. Auf eine Abmahnung der Antragsteller, in der diese den Streitwert der Angelegenheit mit 3.000,- Euro bemessen hatten, hatte der Antragsgegner nicht reagiert.
Mit Beschluss vom 30.03.2007 verbot das Amtsgericht Hamburg dem Antragsgegner, den Antragstellern unaufgefordert Werbeemails zuzusenden. Den Streitwert setzte es auf 600,- Euro fest. Dabei stellte das Amtsgericht entscheidend auf die möglichen Kosten eines Spam-Filters wie auf die Arbeitszeit ab, die bei Aussortierung unerwünschter Mails aufgewendet werden müsse, wenn der Antragsgegner sein Verhalten künftig fortsetzen würde. Auf die Gefahr einer möglichen Ausuferung durch einen potenziellen Nachahmungseffekt können sich die Antragsteller nicht berufen. Der Antragsgegner habe lediglich eine einzelne e-Mail geschickt, davon könne kein "Sogeffekt" ausgehen. Die Festsetzung des Streitwertes dürfe die Funktion einer Bestrafung nicht ersetzen.
Mit der gegen diesen Beschluss eingelegten sofortigen Beschwerde haben die Antragsteller ihr ursprüngliches Begehren, den Streitwert auf 4.000,- Euro festzusetzen, weiter verfolgt.
Das Landgericht Hamburg hat diese Beschwerde mit Beschluss vom 19.07.2007 als unbegründet zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Das Landgericht hat sich die Begründung des Amtsgerichts zu Eigen gemacht.
II. Auf die weitere Beschwerde waren die Beschlüsse des Amts- und Landgerichts abzuändern und der Streitwert auf 3.000,- Euro festzusetzen. Zutreffend gehen Amts- und Landgericht davon aus, dass sich die Streitwertfestsetzung an dem Interesse des Antragstellers im Einzelfall orientiert, durch die e-Mail-Werbung des Antragsgegners nicht belästigt zu werden, vgl. BGH vom 30.11.2004, Az. VI ZR 65/04. Zweifelhaft erscheint aber, ob dieses Interesse zutreffend unter Rückgriff auf mögliche Kosten für die Installation eines wirksamen Spam-Filters ermittelt werden kann. Es kann nämlich nicht darauf ankommen, mit welchen Kosten die Auswirkungen eines potenziellen fortgesetzten rechtswidrigen Handelns des Antragsgegners minimiert oder sogar gänzlich vermieden werden können. Entscheidend für die Streitwertbemessung muss vielmehr sein, welche Interessen der Antragsteller bei Fortsetzung der unerlaubten Handlungsweise durch den Antragsgegner beeinträchtigt wären. Dieses Interesse erschöpft sich allerdings nicht darin, keine Arbeitszeit mehr für das Aussortieren unerwünschter e-Mails aufwenden zu müssen. Unwidersprochen haben die Beschwerdeführer vorgetragen, ca. 100 Spam-e-Mails pro Tag zu erhalten und wegen dieser hohen Anzahl Gefahr zu laufen, versehentlich eine wichtige Nachricht zu löschen und dadurch einen Haftungsfall auszulösen.
Dieses Risiko wird durch jede einzelne unerwünschte zugesendete Spam-e-Mail hervorgerufen; dass auch andere Absender zu diesem Risiko beitragen, ändert an dem Interesse der Antragsteller, auch aus Haftungsgründen den Zugang jeder einzelnen Spam-Mail abzuwehren, nichts.
Entsprechendes gilt für die Erwägung der Beschwerdeführer, durch die Werbemails könne das nur begrenzt aufnahmefähige e-Mail-Postfach verstopft werden, so dass sie für ihre Mandanten nicht mehr erreichbar seien. Wichtiges Indiz für die konkrete Bezifferung des verfolgten Interesses sind grundsätzlich die eigenen Angaben des Verletzten bei Verfahrenseinleitung, vgl. HansOLG vom 18.07.2006, Az. 5 W 101/06. Die Beschwerdeführer haben den Gegenstandswert in der Antragsschrift zwar mit 4.000,- Euro bemessen. In ihrem Abmahnschreiben vom 22.03.2007 sind sie selbst allerdings nur von einem Streitwert von 3.000,- Euro ausgegangen und haben diesen als angemessen bezeichnet. Gründe für eine nachträgliche Erhöhung des Streitwertes sind nicht ersichtlich. Der Senat hält die Beschwerdeführer deshalb in ihrer eigenen ursprünglichen Bewertung, die sich im Rahmen des hier angemessenen hält, fest und bemisst den Wert des Streitgegenstandes auf 3.000,- Euro.
Fundstellen