Leitsatz (amtlich)

1. Der von einem Internetshop im Rahmen seines Internetnetauftrittes unter dem Abschnitt "Widerrufs- und Rückgaberecht" gegebene Hinweis, dass unfreie Ware bzw. Pakete nicht angenommen werden, versteht der interessierte Verbraucher dahin, dass das Widerrufs- und Rückgaberecht unter der Bedingung der Frankierung der Sendung und somit der Vorleistungspflicht des Verbrauchers steht. Dieses widerspricht der Regelung in § 357 Abs. 2 satz 2 BGB, nach der die Kosten der Rücksendung bei Widerruf und Rückgabe der Unternehmer zu tragen hat.

2. Der in dieser Regelung liegende Wettbewerbsverstoß ist geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.

3. § 307 BGB stellt jedenfalls in Zusammenhang mit den in AGB geregelten Umständen des Vertragsschlusses eine das Marktverhalten regelnde Norm i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG dar.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 8; BGB §§ 307, 312c Abs. 1, § 312d Abs. 1, §§ 355-356, 357 Abs. 2; BGB-InfoVO § 1 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 17.01.2007; Aktenzeichen 312 O 929/06)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsstellerin wird der Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 17.1.2007 (312 O 929/06) unter II. und III. abgeändert.

II.1. Im Wege der einstweiligen Verfügung wird der Antragsgegnerin unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) verboten im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Verkauf von Verpackungsmitteln auf der Internethandelsplattform "eBay" zu werben, wobei sie

a) den Verbraucher in Bezug auf das gesetzliche Widerrufsrecht darauf hinweist, dass unfrei zurückgesandte Ware nicht angenommen werde,

b) in Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelt, ein Kaufvertrag über ein bei "eBay" angebotenes Produkt komme erst zustande, wenn die Antragsgegnerin den Auftrag durch Lieferung der Ware bzw. durch Zusendung einer Auftragsbestätigung in Textform annimmt.

2. Die Kosten des Verfügungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

IV. Der Streitwert der Beschwerde wird auf 13.333,33 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des LG Hamburg vom 17.1.2007 ist begründet.

1. Die Antragsstellerin besitzt als unmittelbare Wettbewerberin gegen die Antragsgegnerin einen Unterlassungsanspruch gem. §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. §§ 312c Abs. 1, 312d Abs. 1, 355, 356, 357 Abs. 2 BGB, 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVO, soweit diese in ihrem eBay-Internetauftritt unter dem Abschnitt "Rechtliches" (Anlage Ast 4) und in ihren mit dem Internetauftritt verlinkten AGB unter dem Abschnitt "Widerrufs- und Rückgaberecht" (Anlage Ast 5) darauf hinweist, dass unfreie Ware bzw. Pakete nicht angenommen werden.

a) Die Antragsgegnerin ist als Unternehmerin aufgrund der oben bezeichneten Vorschriften verpflichtet, den Verbraucher insbesondere auch über die gesetzliche Gestaltung des Widerrufs- und Rückgaberechts bei Fernabsatzverträgen (§ 312b BGB) in zutreffender Weise zu informieren. Hiergegen verstößt die Antragsgegnerin mit der aus ihrem eBay-Auftritt ersichtlichen Regelung, dass von ihr im Rahmen des Widerrufs- und Rückgaberecht unfrei zurückgesandte Ware nicht angenommen wird. Denn der interessierte Verbraucher kann diese Regelung nur dahin verstehen, dass das Widerrufs- und Rückgaberecht unter der Bedingung der Frankierung der Sendung und somit der Vorleistungspflicht des Verbrauchers steht. Dieses widerspricht aber dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung in § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach die Kosten der Rücksendung bei Widerruf und Rückgabe der Unternehmer zu tragen hat. Da somit die Rücksendung der Ware im Falle des Widerrufs oder der Rückgabe zu den Vertragspflichten des Unternehmers zu zählen ist, beinhaltet die Belastung des Verbrauchers mit den Kosten der Rücksendung auch die Belastung mit einer Vorleistungspflicht, die dem gesetzlichen Leitbild der §§ 320 ff. BGB nicht entspricht. Dieses, obwohl hier keine Leistungspflicht des Verbrauchers, sondern eine solche des Unternehmers in Frage steht.

b) Aus dem Verstoß gegen die sich aus den Vorschriften der §§ 312c ff. BGB ergebenden Informationspflichten ergibt sich, dass die Antragsgegnerin zugleich einen Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG begangen hat. Denn es ist anerkannt, dass es sich bei den §§ 312c ff. BGB um Vorschriften handelt, die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

c) Das wettbewerbswidrige Verhalten der Antragsgegnerin ist entgegen der Ansicht des LG auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Dieses folgt zunächst aus der ...

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