Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 324 O 25/22)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 12.01.2023, Az. 324 O 25/22, abgeändert:

Die von der Klagepartei an die Beklagtenpartei nach dem Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 03.11.2022 zu erstattenden Kosten werden auf 1.798,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.11.2022 festgesetzt.

Der weitergehende Antrag auf Kostenfestsetzung wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 17.01.2023 zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 17.01.2023 (Bl. 88 ff. d.A.) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.01.2023 (Bl. 82 f. d.A.) ist gemäß §§ 567, 569 zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO. In der Sache hat die sofortige Beschwerde nur zum Teil Erfolg. Die Beschwerde richtet sich bei gehöriger Auslegung des Begehrens der Antragsgegnerin in den Schriftsätzen vom 17.01., 09.02. und 21.03.2023 nicht gegen sämtliche festgesetzten Beträge, insbesondere nicht gegen den Ansatz der anwaltlichen Verfahrensgebühr (1.346,80 EUR) und der Telekommunikationspauschale (20,00 EUR), sondern gegen den Ansatz von 45,00 EUR Gebühr der Prüfstelle für Angelegenheiten des internationalen Rechtsverkehrs (vgl. Bl. 33 d.A.) und den Ansatz von 461,24 EUR Übersetzungsauslagen gemäß Rechnung M vom 21.03.2022 (Bl. 32 d.A.). Von dem mithin insgesamt streitigen Betrag von 506,24 EUR war ein Betrag von 74,61 EUR abzusetzen.

I. Zu Recht hat das Landgericht eine Prüfgebühr i.H.v. 45,00 EUR als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 S.1 ZPO festgesetzt. Die Prüfstelle für Angelegenheiten des internationalen Rechtsverkehrs des Landgerichts Hamburg hat die Gebühr am 21.03.2022 (vgl. Bl. 22 d.A.) zutreffend auf Grundlage von § 75 Abs. 2 ZRHO erhoben. Die Prüfstellen für internationalen Rechtsverkehr entfalten auch im Rahmen der unmittelbaren Parteizustellung nach Art. 15 EuZVO eine Prüfungstätigkeit i.S.v. § 75 Abs. 1 ZRHO. Dies ergibt sich insbesondere aus § 49 ZRHO. Der Normgeber hat die verbindliche Entscheidung getroffen, den Kontakt mit dem ausländischen Zustellorgan, hier dem französischen Gerichtsvollzieher, auch bei dieser Zustellart nur unter Vermittlung der Prüfungsstellen i.S.v. § 9 ZRHO stattfinden zu lassen. Dass hier von der Prüfstelle in der Festsetzung vom 21.03.2022 die Regelgebühr nach § 75 Abs. 2 S.1 ZRHO von 30,00 EUR überschritten wurde, rechtfertigt sich aus dem deutlich überdurchschnittlichen Streitwert. Die Prüfgebühren nach § 75 Abs. 2 ZRHO sind Auslagen i.S.v. Ziff. 9014 KV-GKG und dürfen als solche, auch wenn die Prozessgerichte selbst von der Gebührenpflicht befreit sind, gegenüber den Prozessparteien im Kostenansatz (§ 19 GKG) berücksichtigt werden (vgl. Volpert, in: Toussaint, Kostenrecht, 52. Aufl., 2022, Vorb. 1.3.2 zu Teil 1 JVKostG KV, Rz. 2 f.).

II. Die Kosten für die Übersetzung von Schriftstücken in die französische Sprache i.H.v. 461,24 EUR (vgl. Rechnung des Übersetzungsbüros M vom 21.03.2022, Bl. 32 d.A.) sind nur teilweise, nämlich i.H.v.386,63 EUR als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 S.1 ZPO zu bewerten, i.H.v. 74,61 EUR kann eine Notwendigkeit im Sinne der genannten Norm nicht festgestellt werden.

1. Dabei verweist die Antragsgegnerin im Ansatz zu Recht darauf, dass gemäß Art. 5 Abs. 1, 8 Abs. 1 EuZVO a.F. die Anfertigung von Übersetzungen der zuzustellenden Schriftstücke nicht zwingend erforderlich ist, vielmehr der Schutz des Empfängers über das in Art. 8 EuZVO normierte Annahmeverweigerungsrecht gewährleistet wird. Dies gilt - wie sich aus Art. 8 Abs. 4 EuZVO ergibt - auch für die unmittelbare Zustellung im Parteibetrieb i.S.v. Art. 15 EuZVO (vgl. Rauscher, in: MüKoZPO, 6. Aufl., 2022, Art. 8 EUZVO, Rn. 31). Indessen entspricht es der einheitlichen obergerichtlichen Rechtsprechung, dass der Antragsteller grundsätzlich nicht gehalten ist, die Zustellung eines nicht übersetzten Schriftstücks zu veranlassen und abzuwarten, ob der Gegner die Annahme unter Berufung auf Art. 8 EuZVO verweigert oder ob die Zustellung erfolgreich ist. Der Antragsteller darf sich von vornherein für den sicheren Weg einer Zustellung mit Übersetzung entscheiden, um die Gefahr einer Annahmeverweigerung und des mit der Erstellung der dann nachzureichenden Übersetzung verbundenen Zeitverlusts auszuschalten (vgl. Senat, Beschluss vom 27.05.2015, Az. 4 W 59/15, BeckRS 2015, 10029 m.w.N.). Der Antragsteller kann naturgemäß auch nicht auf die Anfertigung einer freien Übersetzung verwiesen werden, wie die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung geltend macht. Entsprechende Kenntnisse der französischen Sprache können nicht vorausgesetzt werden. Auf den Unterschied zwischen einer beglaubigten und einer unb...

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