Leitsatz (amtlich)
1. Die Nutzung einer Internet-Domain begründet keine markenrechtliche Priorität, solange auf der Seite noch nicht bestimmte Waren oder Dienstleistungen angeboten bzw. geschäftliche Aktivitäten entwickelt werden, sondern lediglich ein "Baustellen"-Schild als Hinweis auf zukünftige Aktivitäten erscheint.
2. Der Umstand, dass eine bestimmte Buchstabenkombination (hier: ahd) - wie dies praktisch stets der Fall ist - zugleich als Abkürzung (irgend)eines längeren Begriffs dienen kann (hier: althochdeutsch), begründet jedenfalls so lange kein allgemeines markenrechtliches Freihaltebedürfnis, als eine derartige Abkürzung in der Wahrnehmung der relevanten Verkehrskreise weithin unbekannt ist.
3. Bei einer aus einer Buchstabenkombination gebildeten Domainadresse, die nicht erkennbar sachbeschreibend ist, gehen die angesprochenen Verkehrskreise in der Regel davon aus, dass insoweit ein kennzeichnender Gebrauch beabsichtigt ist und die Seite auf eine bestimmte Person bzw. ein konkretes Unternehmen hinweist. Entscheidend ist insoweit allein das Verkehrsverständnis, nicht die Intention des Zeichenverwenders.
4. Ein Zeichenverwender kann unter bestimmten Umständen als Folge einer gezielten Behinderung wettbewerbsrechtlich verpflichtet sein, in die vollständige Löschung eines Domainnamens einzuwilligen, selbst wenn insoweit markenrechtliche Verwechslungsgefahr nur in Bezug auf einige Waren und/oder Dienstleistungen besteht.
Normenkette
MarkenG §§ 14-15, 23 Nr. 2; UWG §§ 3, 4 Nr. 10
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 26.5.2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Urteilsausspruch nunmehr wie folgt lautet:
1. Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, die Bezeichnung "ahd "im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zum Betreiben eines Internetportals zu benutzen, auf dem angeboten wird:
a) Webspace anzumieten,
b) die Zurverfügungstellung von E-Mail-Adressen für Dritte, die den Bestandteil "ahd" enthalten,
c) die Erstellung von Homepages,
d) die Werbung für Unternehmen, die die vorgenannten Dienstleistungen anbieten, bzw. von Dritten nutzen zu lassen.
2. Die Beklagten werden verurteilt, ggü. der DENIC e.G. in Frankfurt in die Löschung der Internet Domain "ahd.de" einzuwilligen und ggü. der DENIC e.G. sowie dem zuständigen Serviceprovider die hierzu erforderlichen Willenserklärungen abzugeben.
3. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin unverzüglich nach Rechtskraft Auskunft über den Umfang der bisherigen Benutzung des unter Ziff. 1. benutzten Kennzeichens sowie über die erzielten Umsätze - hierbei insb. Zahl, Art und Zeitpunkt - und Gewinne unter diesem Kennzeichen seit dem 12.12.2003 zu erteilen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Benutzung des Zeichens "ahd" durch die Beklagten seit dem 12.12.2003 entstanden ist und noch entstehen wird.
Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Beklagten 9/10, die Klägerin trägt 1/10.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120.000 EUR abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer behaupteten Kennzeichenverletzung mit der Domain www.ahd.de u.a. auf Unterlassung und Löschung in Anspruch
Die Klägerin ist auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung tätig. Sie tritt unter dem Unternehmensschlagwort ahd auf und ist mit einer Priorität von Juli 2003 Inhaberin der Wort-/Bildmarke Nr. 30334288 ahd, die für unterschiedliche Dienstleistungen im EDV-Bereich Schutz gewährt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K5 Bezug genommen.
Die Beklagte zu 1) - deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist - hat mehrere Tausend Internet-Domains auf sich registrieren lassen, die in einer Vielzahl gebräuchliche Wort-Zusammensetzungen, Buchstabenfolgen und generische Begriffe enthalten (Auszug in Anlagen B6 und B7). Sie hat diese Domains erworben und hält sie, um diese bei Gelegenheit potentiellen Interessenten zum Kauf bzw. zur entgeltlichen Nutzung anzubieten.
Spätestens seit Mai 1997 ist die Beklagte zu 1) auch Inhaberin der Internet-Do...