Normenkette
StVG § 9
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 331 O 267/01) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 31, vom 27.3.2002 – G.-Nr. 331 O 267/01 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Entscheidung ergeht entspr. dem Senatsbeschluss vom 19.6.2002 gem. § 526 Abs. 1 ZPO durch den Einzelrichter.
Gründe
I. Von tatsächlichen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 ZPO wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II. Kurze Begründung für die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 ZPO.
Die Berufung ist zulässig, aber sachlich nicht begründet. Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils wird vollen Umfangs Bezug genommen, was auch nach neuem Recht zulässig ist (vgl. Zöller/Gummer, 23. Aufl., § 540 ZPO Rz. 13). Das Berufungsvorbringen bringt demgegenüber keine neuen Gesichtspunkte und vermag keine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen:
1. Das Verschulden des Führers ihres Kraftfahrzeuges, des Zeugen Z., muss die Klägerin sich gem. § 9 StVG jedenfalls im Rahmen der hier allein durchgreifenden Gefährdungshaftung nach dem Straßenverkehrsgesetz zurechnen lassen. Diese Vorschrift gilt insoweit gerade auch für Leasinggeber wie die Klägerin, die nicht Halter, aber Eigentümer des Kraftfahrzeuges sind. Der Eigentümer ist der „Verletzte” i.S.d. § 9 StVG (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 9 StVG Rz. 17).
Das Verschulden des Zeugen Z., das die Klägerin sich im Rahmen der Gefährdungshaftung zurechnen lassen muss, besteht darin, dass er als Linksabbieger entgegen § 9 Abs. 3 S. 1 StVO den Gegenverkehr, d.h. den Beklagten zu 1) nicht hat durchfahren lassen, ihm also dessen Vorfahrt genommen hat. Jener hätte übrigens, da Gegenverkehr, ggü. dem linksabbiegenden Pkw der Klägerin selbst dann Vorfahrt gehabt, wenn er zuvor verbotswidrig bei Rotlicht die Fußgängerampel passiert hätte (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 9 StVG Rz. 55).
2. Im Rahmen der Verschuldenshaftung wegen schuldhaft rechtswidriger Verletzung des Eigentums gem. § 823 Abs. 1 BGB würde nach wohl herrschender Ansicht § 9 StVG allerdings nicht zur Anwendung kommen (vgl. BGH NJW 1965, 1273; v. 25.3.1980 – VI ZR 61/79, MDR 1980, 663 = VersR 1980, 740; OLG Hamm v. 14.11.1994 – 6 U 101/94, OLGReport Hamm 1995, 91 = NJW 1995, 2233; Full, Zivilrechtliche Haftung im Straßenverkehr, § 9 Rz. 6; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 3. Aufl., § 9 Rz. 2. Krumme in Heymanns Handkommentar für die Praxis, § 9 Rz. 2; anders Klimke, VersR 1988, 329; unklar LG Hamburg v. 29.4.1988 – 6 O 197/87, VersR 1988, 1302) mit der Folge, dass der Leasinggeber sich bei bewiesenem Verschulden des Gegners ein Verschulden des Fahrers des eigenen Fahrzeuges nicht anrechnen lassen müsste. Insoweit gilt nämlich allein § 254 BGB, und der Fahrer ist weder Erfüllungs- noch Verrichtungsgehilfe des Leasinggebers, so dass dessen Mithaftung insoweit nicht in Betracht kommt (vgl. insb. BGH NJW 1965, 1273).
Soweit die Klägerin sich vorliegend auf ein Verschulden des Beklagten zu 1) berufen will, weil dieser bei Rot oder Spätgelb gefahren sei, so trägt sie dafür die Beweislast, denn gegen den Linksabbieger, der mit einem Entgegenkommenden kollidiert, spricht der Anschein (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 9 StVO Rz. 55).
Vorliegend hat die Klägerin einen Rotlichtverstoß des Beklagten zu 1) nicht beweisen können. Den Aussagen der Zeugen Z. (Fahrer) und M. (Arbeitskollege des Zeugen Z.) stehen die Aussagen der Zeugin B. (Bekannte des Beklagten zu 1)) und die Angaben des Beklagten zu 1) gegenüber. Der Beweiswürdigung des LG ist zu folgen, dass danach der Rotlichtverstoß jedenfalls nicht bewiesen und auch der gegen den Linksabbieger sprechende Anschein nicht widerlegt ist. Es ist nicht so, wie die Berufung formuliert, dass das LG die Angaben des Beklagten zu 1) und der Zeugin B. als glaubwürdiger gewertet hat als diejenigen der Zeugen Z. und M. Es hat sie nur nicht als unglaubwürdiger behandelt mit der Folge, dass Zweifel verblieben sind, was hier zu Lasten der für das Verschulden des Beklagten zu 1) beweispflichtigen Klägerin gehen muss. Auf eine verschuldensabhängige Haftung der Beklagten gem. § 823 Abs. 1 BGB kann sich die Klägerin deshalb nicht stützen. Deshalb kann vorliegend die zuvor angesprochene Rechtsfrage, ob die Klägerin sich auch im Rahmen der deliktischen Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB das Verschulden des Fahrers des eigenen Fahrzeuges anrechnen lassen müsste, letztlich unentschieden bleiben.
Nach allem ist die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Abwendungsbefugnis entspricht §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen.
Der Schriftsatz der Klägerin vom 25.7.2002 ist berücksichtigt worden.
Wapenhensch
Fundstellen
Haufe-Index 1105786 |
OLGR-BHS 2003, 141 |