Entscheidungsstichwort (Thema)
13 Hefte Stern II
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Verlagsunternehmen verstößt bei der Preisbindung von Zeitschriften gegen die ihm im Verhältnis zu den preisgebundenen Händlern aus § 242 BGB obliegenden Leistungstreue und Rücksichtnahmepflichten, wenn es selbst bei der Abonnentenwerbung unter erheblicher Anlockwirkung mit Preisvorteilen und Zugaben wirbt, die über die Grenzen hinausgehen, die sich die betreffende Branche in Wettbewerbsregeln im Wege der Selbstbindung selbst gesetzt hat (im Anschluss an OLG Hamburg v. 27.2.2003 - 5 U 85/02, OLGReport Hamburg 2004, 35-13 Hefte Stern; OLG Hamburg MD 2004, 156 - Mini-Abo).
2. Ein Verstoß gegen die vom BKartA genehmigten "VDZ-Wettbewerbsregeln für den Vertrieb von abonnierbaren Publikumszeitschriften" kann sich gleichzeitig als sittenwidriges Wettbewerbsverhalten i.S.v. § 1 UWG a.F. darstellen (Fortführung der unter Ziff. 1 genannten Rechtsprechung des Senats).
3. Die mit dem Remissionsrecht im Presse-Vertrieb einhergehenden Eingriffs- und Direktionsrechte der Verlage rechtfertigen keine treuwidrig herbeigeführten Verschiebungen im Verhältnis zwischen Einzel- und Abonnementvertrieb.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 28.10.2003; Aktenzeichen 312 O 425/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, v. 28.10.2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 60.000 Euro abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger zu 1) ist ein Dachverband, der - weitgehend über Landesverbände - die in Deutschland im Geschäftsverkehr tätigen LOTTO-TOTO-Verkaufsstellen vertritt. In dem Verlag der Beklagten erscheint u.a. die Wochenzeitschrift "Stern". Anfang 2002 warb die Beklagte in ihrer Zeitschrift u.a. unter der Überschrift "13 × stern testen, über 40 % sparen" um neue Abonnenten, denen sie ein kostengünstiges Probeabonnement über 13 Hefte sowie eine attraktive Zugabe (u.a. einen BODUM Kaffeebereiter bzw. eine BODUM Bistro Vacuum Isolierkanne) in Aussicht stellte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen K7 und K8 Bezug genommen.
Dieses Verhalten beanstanden die Kläger u.a. als Verstoß gegen die Preisbindung im Zeitschriftenhandel als vertrags- bzw. wettbewerbswidrig. Der Kläger zu 2). ist der Vorstandsvorsitzende des Klägers zu 1) und seinerseits Betreiber eines Zeitschriftenladens.
Das LG hatte gegen die Beklagte in einem vorangegangenen Verfügungsverfahren, in dem nur der Kläger zu 1) Antragsteller war, entsprechend den Anträgen des Klägers zu 1) eine Unterlassungsverfügung erlassen und diese auf den Widerspruch der Beklagten mit Urt. v. 7.5.2002 aufrechterhalten. Die Berufung der Beklagten hat der Senat mit Urt. v. 27.2.2003 (OLG Hamburg v. 27.2.2003 - 5 U 85/02, OLGReport Hamburg 2004, 35) zurück gewiesen.
Die Kläger verfolgen ihre Ansprüche vorliegend im Hauptsacheverfahren weiter.
Sie haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu Euro 250.000., Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen,
1. in Zeitschriftenanzeigen oder sonstigen Mitteilungen, die sich an einen größeren Personenkreis richten anzukündigen, bei Eingehen eines Abonnementsverhältnis erhalte man 13 Hefte des "Stern" mit einer mehr als 40 %-igen Preisermäßigung ggü. dem gebundenen Preis sowie zzgl. ohne besondere Berechnung einen Kaffeebereiter oder eine Thermoskanne oder eine Uhr, so wie sich das aus den mit diesem Urteil in Kopie verbundenen Anlagen ersichtlich ergibt,
2. entsprechend der vorstehenden Ankündigung zu verfahren, mithin neuen Abonnenten 13 Hefte des "Stern" zum Preis von 19 Euro statt 32,50 Euro nebst einem Kaffeebereiter bzw. einer Thermoskanne bzw. einer Uhr ohne besondere Berechnung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG Hamburg hat die Beklagten mit Urt. v. 28.10.2003 antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten. Die Beklagten verfolgen in zweiter Instanz ihr Klagabweisungsbegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter. Die Kläger verteidigen das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das LG hat die Beklagte zu Recht zur Unterlassung verurteilt. Ihr Berufungsvorbringen rechtfe...