Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 30.05.2008; Aktenzeichen 324 O 711/07) |
Nachgehend
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 30. Mai 2008, Az. 324 O 711/07, wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungsausspruches gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 15.000,00 und hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts, durch das sie dazu verurteilt worden ist, es zu unterlassen, über den Kläger im Zusammenhang mit dem Mord an W S unter voller Namensnennung zu berichten.
Der Kläger ist zusammen mit seinem Bruder W W im Jahr 1993 wegen Mordes an dem seinerzeit populären Schauspieler W S zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Die Tat hatte erhebliches Aufsehen erregt. Im Jahr 2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, vor dessen Bescheidung er sich auch an die Presse wandte. Im Jahr 2005 wurde der Antrag zurückgewiesen. Presseberichte, in denen der Kläger namentlich genannt wurde, waren noch bis 2006 auf der Internetseite seines damaligen Strafverteidigers abrufbar. Im Januar 2008 ist der Kläger auf Bewährung aus der Strafhaft entlassen worden.
Die Beklagte betreibt den Internetauftritt " www.s-o.de ", in den Beiträge aus der Druckausgabe der Tageszeitung S Zeitung eingestellt werden. In dieser war unter dem 13. April 2005 unter namentlicher Nennung des Klägers über den Wiederaufnahmeantrag des Klägers berichtet worden. In dem Internetauftritt der Beklagten sind jedenfalls die nicht mehr tagesaktuellen Beiträge nicht kostenlos abrufbar, sondern aus einem Internetarchiv der Beklagten heraus nur gegen ein gesondertes Entgelt. Auf Inhalte einzelner solcher Beiträge wird im frei zugänglichen Bereich des Internetauftritts der Beklagten hingewiesen, dort befand sich auch ein Hinweis auf den betreffenden Artikel aus dem Jahre 2005.
Der Kläger sieht in der Bereithaltung des Beitrags zum Abruf eine Verbreitung dieses Beitrags, die durch die Nennung seines Namens eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts bilde. Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Bereithalten des Beitrags zulässig sei.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie behauptet, dass ältere, nur gegen Entgelt erreichbare Beiträge von einer nur sehr geringen Zahl an Nutzern abgerufen werden würden, nur wenige 4 Tage nach Vergehen der Tagesaktualität sogar gar nicht mehr (Beweis: Zeugnis ihres Mitarbeiters H ). Sie ist der Ansicht, dass deshalb schon gar kein Verbreiten des beanstandeten Beitrags vorliege. Des Weiteren ist sie der Ansicht, dass angesichts der Schwere der Tat nach wie vor ein aktuelles Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestehe, der Kläger durch die bloße Perpetuierung der im Zeitpunkt der Erstveröffentlichung rechtmäßigen Verbreitung des Beitrags nicht erneut in das Licht der Öffentlichkeit gestellt werde und der Beitrag deutlich als älterer, keine aktuelle Meldung enthaltender Beitrag erkennbar sei. Eine Verpflichtung, dauerhaft vorgehaltene Meldungen beständig darauf zu überprüfen, ob die Verbreitung ihrer Inhalte wegen Zeitablaufs rechtswidrig geworden sei, sei den Unternehmen, die Nachrichten über das Internet verbreiteten, nicht zumutbar. Die nachträgliche Löschung von Nachrichten würde zudem zu einer Verfälschung der historischen Wahrheit führen. Dadurch, dass der Kläger sich selbst an die Öffentlichkeit gewandt habe, habe er sich seines Anonymitätsschutzes begeben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 30. Mai 2008 zur Geschäftsnummer 324 O 711/07 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt.
Die Berufung ist aber in der Sache nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus dem Gesichtspunkt der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog in Verbindung mit Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu. Die Beklagte hat, wie das Landgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, die beanstandete Meldung verbreitet und damit den Kläger in seinen Rechten verletzt.
Die Beklagte hat die beanstandete Meldung verbreitet. Verbreitet worden ist eine Äußerung nicht, wie die Beklagte meint, erst dann, wenn sie von Dritten Personen zur Kenntnis genommen worden ist, sondern schon dann, wenn Dritten die Äußerung z...