Entscheidungsstichwort (Thema)
Kabelbünder
Leitsatz (amtlich)
1. Kann ein Berechtigter für seine inländische Geschmacksmusteranmeldung gem. §§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 3 GeschmMG eine frühere ausländische Priorität in Anspruch nehmen, so tritt im Rahmen der Anwendung von §§ 6, 66 Abs. 2 GeschmMG der Prioritätstag an die Stelle des Anmeldetages.
2. Hinsichtlich der Beachtung der formellen Eintragungsvoraussetzungen bei der Eintragung eines Geschmacksmusters ist das Verletzungsgericht an die Beurteilung der Erteilungsinstanz (hier: DPMA) gebunden.
3. Dies gilt auch für die Frage, ob die Voraussetzungen einer Prioritätserstreckung durch Inanspruchnahme einer früheren ausländischen Priorität ausreichend dargelegt bzw. zutreffend gewürdigt worden sind. Diese Voraussetzungen unterliegen allein der Amtsprüfung.
Normenkette
GeschmMG §§ 6, 13 Abs. 2, § 14 Abs. 3, § 66 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 17.08.2007; Aktenzeichen 308 O 249/07) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 8, vom 17.8.2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 135.000 EUR abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung wegen einer Geschmacksmusterverletzung mit der Behauptung in Anspruch, die Beklagte habe die zu seinen Gunsten geschützten Kabelbündler unrechtmäßig nachgeahmt.
Der Kläger stellte auf der Messe "Ambiente" in Frankfurt/M. vom 16. bis 20.2.2001 von ihm entwickelte, als "Wire Snake" bezeichnete Kabelbündler (Anlage K 1/ASt 1 des Verfügungsverfahrens 308 O 829/06) der internationalen Öffentlichkeit vor. Das Produkt ist in der Folgezeit mit verschiedenen Designpreisen ausgezeichnet worden (Anlage K 2).
Am 3.5.2001 meldete der Kläger den Kabelbündler zum Patent beim Europäischen Patentamt an. Die Patentanmeldung wurde (erst) am 12.11.2003 veröffentlicht. Die Patentgewährung EP 1 360 121 B1 wurde am 18.01 2006 veröffentlicht (Anlage K 3). Das Patent nimmt die Priorität einer zuvor in Dänemark erfolgten Patentanmeldung (200000730) vom 3.5.2000 in Anspruch.
Gegen die Patenterteilung zugunsten des Klägers hatte die Beklagte am 12.10.2006 Einspruch (Anlage K 4) mit dem Ziel eingelegt, den Widerruf des Patents zu erreichen. Sie hatte in diesem Zusammenhang eine Reihe von Entgegenhaltungen aus dem vorbekannten Formenschatz bzw. dem Stand der Technik vorgelegt.
Darüber hinaus meldete der Kläger seinen Kabelbündler auch zur Eintragung als Geschmacksmuster sowohl in Deutschland (Anlage K 24) als auch in Dänemark (Anlage K 22) an. Die Anmeldung in Dänemark erfolgte am 31.10.2001; die Anmeldung in Deutschland datiert vom 1.3.2002. Das deutsche Geschmacksmuster 402 01 845 (Anlage K 5) wurde daraufhin am 29.5.2002 erteilt und am 10.8.2002 bekannt gemacht. Es nimmt die Priorität der dänischen Anmeldung (DA 2001 00086) vom 31.10.2001 in Anspruch.
Der Kläger hatte bei seiner Anmeldung in Dänemark sowohl als Telefax (schlecht erkennbar) als auch im Original zunächst Abbildungen eingereicht, die nicht nur das Klagemuster, sondern auch eine Reihe anderer Objekte zeigten, z.B. mehrere Gummispiralen, schlaufenförmig aufgerollte Kabel, die Rückseite eines Geräts und so weiter (Anlage B 1 und B 2). Erstmals mit Schreiben vom 28.02 2002 (Anlage B 3) sind Abbildungen eingereicht worden, die Einzeldarstellungen der Spirale wiedergeben.
In Deutschland vertreibt der Kläger sein Produkt über den Einzelhandel, in Katalogen sowie über die Websites www.do-co.dk und www.deskstore.de.
Die Beklagte vertreibt ihre Kabelbündler unter der Bezeichnung "Serpa" (Anlage K 6/ASt 6) in zwei Größen, nämlich mit Innendurchmesser von 10 mm sowie 15 mm. Sie vertreibt ihre Produkte ebenfalls über den Einzelhandel, über Kataloge sowie über einen Online-Shop unter der Website www.serpa.de (Anlage K 8). Neben anderen Auszeichnungen ist dem Produkt der Beklagten u.a. auch der "Plagiarius" verliehen worden (Anlage K 15). Hiergegen hatte sich die Beklagte erfolgreich in einem Rechtsstreit vor dem LG München gewehrt (Anlage B 10 bis B 14).
Mit Schreiben seiner dänischen Rechtsanwälte mahnte der Kläger die Beklagte am 26.10.2006 wegen der Verletzung seiner Geschmacksmusterrechten ab (Anlage K 9). Die Parteien verhandelten zunächst über eine Lizenzvereinbarung (Anlage K 10 + K 11). Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.11.2006 wies die Beklagte sodann die Ansprüche des Klägers zurück (Anlage K 12).
Der Kläger hatte die Beklagte daraufhin zunächst in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 308 O 829/06 erfolglos in Anspruch genommen (Anlage K 13). Das LG hat den gestellten Verfügungsantrag mit Urteil vom 19.1.2007 zurückgewiesen, weil ein Verfügungsgrund gefehlt hat (Anlage K 14). Der Kläger verfolgt seine Anspr...