Leitsatz (amtlich)

1. Im Falle der Markenrechtsverletzung wegen EU-Parallelimports markenrechtlich geschützter umgepackter Arzneimittel ohne Vorabinformation des Markeninhabers kann hinsichtlich der betreffenden Arzneimittel Auskunft und Rechnungslegung über die Liefermengen, -zeiten und -preise, über die gewerblichen Abnehmer, Abnahmemengen und -zeiten sowie der erzielten Verkaufspreise, des Umsatzes, der Gestehungskosten und der erzielten Gewinne verlangt werden. Bei der Rechnungslegung dürfen Angaben über die Lieferanten der Arzneimittel und der sich darauf beziehenden Bestell- und Lieferdaten unkenntlich gemacht werden.

Diese Angaben sind für die Schadensberechnung und -schätzung nach dem Verletzergewinn und nach der Lizenzanalogie erforderlich und keine unverhältnismäßige bzw. gemeinschaftswidrige Belastung des Parallelimporteurs (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung).

2. Auch wenn § 19 MarkenG grundsätzlich auch in Fällen des EU-Parallelimports umgepackter Arzneimittel ohne Vorabinformation des Markeninhabers gilt, kann keine Auskunft und Rechnungslegung über die Namen und Anschriften der Lieferanten der betreffenden Arzneimittel verlangt werden, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bereits bei diesen eine Markenverletzung in Rede steht.

3. Der Auskunftsanspruch ist zeitlich begrenzt, er beginnt mit dem ersten vorgetragenen Verletzungsfall und endet mit der nachgeholten Vertriebsanzeige.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 04.04.2000; Aktenzeichen 312 O 59/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 4.4.2000 abgeändert und zum Zwecke der Klarstellung insgesamt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang des Vertriebs der aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder des Europäischen Wirtschaftsraumes importierten Arzneimittel

A.-..., B.-... 10, C.-... 50, D.-... 500, E.-... und E.-... mite ohne Vorabinformation der Klägerin für die Zeit ab dem 31.12.1996 bis zum 11.11.1999,

und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Arzneimitteln ergeben:

  • Liefermengen, -zeiten und -preise,
  • Namen und Anschriften der Abnehmer, der Abnahmemengen und -zeiten sowie der erzielten Verkaufspreise,
  • der Umsatz sowie die Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie die erzielten Gewinne;

wobei die bei der Rechnungslegung ersichtlichen Angaben über die Lieferanten der Arzneimittel nebst der sich darauf beziehenden Bestell- und Lieferdaten unkenntlich gemacht werden dürfen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen, durch die betreffenden Handlungen der in Ziff. 1.) gekennzeichneten Art entstandenen und/oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen.

3. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 3.281,27 Euro (= 6.417,60 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 25.2.2000 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird im Übrigen zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 15/100 und die Beklagten 85/100.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 1.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 23.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 54.410,45 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

II. Der Klägerin - ein zum Q.-Konzern gehörendes bedeutendes deutsches Pharmaunternehmen - vertreibt u.a. die Arzneimittel A.-..., B.-..., C.-..., D.-... und E.-..., für die sie jeweils Markenschutz genießt.

Die Beklagten befassen sich mit dem Parallelimport von Arzneimitteln, die Beklagte zu 2) ist im Mitvertrieb zusammen mit der Beklagten zu 1) tätig.

Die Klägerin beanstandet, die Beklagten hätten die oben genannten Arzneimittel ohne Vorabinformation parallelimportiert. Sie nimmt deswegen die Beklagten mit der vorliegenden Klage auf Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Außerdem verlangt sie wegen anderer Beanstandungen die Zahlung von Abmahnkosten.

Die Klägerin hat auf Grund ihrer Marktrecherche von Ende Oktober 1999 festgestellt, dass die Beklagten in Deutschland die parallelimportierten Arzneimittel A.-..., B.-..., C.-..., D.-..., E.-... und E.-... mite jeweils in den Jahren 1997, 1998, 1999 ohne Vorabinformation der Klägerin vertrieben haben, und zwar mit Umsätzen bis Ende August 1999 bei der Beklagten zu 1) von etwa 11 Mio. DM und bei der Beklagten zu 2) von etwa 5 Mio. DM.

In dem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren gleichen Rubrums (LG Hamburg 315 O 841/99; damals firmierte die ...

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