Leitsatz (amtlich)
1.
Wird ein Osteoporose-Arzneimittel einschränkungslos beworben mit "Bei postmenopausaler Osteoporose" oder mit "Reduktion des Frakturrisikos", so bezieht man das (selbstverständlich) auch auf den Bereich z. B. des Oberschenkelhalses, so dass sich auch hierauf die Zulassung beziehen muss (§ 3 a Satz 2 HWG).
2.
Zur Bedeutung einer sprachlich abgeänderten Fachinformation im "Anwendungsgebiet" eines gemeinschaftlich zugelassenen Arzneimittels auf eine "Typ-II-Änderungsanzeige", wenn beim Anwendungsgebiet einerseits eine Einschränkung gestrichen und andererseits der differenzierende Zusatz zur "nicht ermittelten Wirksamkeit" verdeutlicht wird.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 24.10.2006; Aktenzeichen 312 O 477/06) |
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 24. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
A.
Die Parteien sind Pharmaunternehmen, sie vertreiben verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Behandlung der Osteoporose bei Frauen nach der Menopause und stehen miteinander im Wettbewerb.
Die Antragsgegnerinnen haben für ihr gemeinschaftlich (EG-Zulassung) zugelassenes Arzneimittel "Vaaaaa(r) 3 mg/3ml Injektionslösung in einer Fertigspritze" mit einem Werbefolder gegenüber Ärzten geworben (Anlage ASt EV 6, in Fotokopie 2 Seiten).
Die Antragstellerin beanstandet die Werbung als wettbewerbswidrig und nimmt deswegen die Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.
Das Landgericht hatte mit Beschluss vom 22. Juni 2006 den Verfügungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hatte der Senat mit Beschluss vom 24. August 2006 den Beschluss des Landgerichts abgeändert und den beiden Antragsgegnerinnen unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten (HansOLG Hamburg 3 W 128/06), im Wettbewerb für das Fertigarzneimittel Vaaaaa(r) 3 mg/3 ml Injektionslösung in einer Fertigspritze (Wirkstoff: Ibandronsäure) folgendes innerhalb der Fachkreise anzugeben:
1.
"Bei postmenopausaler Osteoporose" und/oder
2.
"Reduktion des Frakturrisikos" jeweils wie im Folder gemäß der beigefügten Anlage A geschehen (es folgt die zweiseitige Kopie der Anlage ASt EV 6 als Anlage A).
Im Widerspruchsverfahren hat das Landgericht durch Urteil vom 24. Oktober 2006 die einstweilige Verfügung vom 24. August 2006 aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen.
Gegen das Urteil richtet sich vorliegend die Berufung der Antragstellerin, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Sie beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung des Senats vom 24. August 2006 erneut zu erlassen.
Die Antragsgegnerinnen bitten um Zurückweisung der Berufung.
In dem beanstandeten Vaaaaa-Folder der Antragsgegnerinnen ist unter der stilisierten Darstellung der vier Jahres-Quartale mit dazu passenden Landschaftseinblendungen angegeben:
"Bei postmenopausaler Osteoporose - Die Quartalsspritze Vaaaaa(r)" (in den Fotokopien der Anlage ASt EV 6: 1. Seite rechts).
An anderer Stelle des Folders heißt es neben der abgebildeten Faltschachtel des Arzneimittels u. a.:
"Zuverlässige Applikation, Reduktion des Frakturrisikos..." (Anlage ASt EV 6, 1. Seite links).
Das beworbene Arzneimittel "Vaaaaa(r) 3 mg/3ml Injektionslösung in einer Fertigspritze" (Wirkstoff Ibandronsäure) war zur Zeit des Erlassverfahrens gemäß der Fachinformation für folgende Anwendungsgebiete zugelassen:
"Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen, zur Reduktion des Risikos von vertebralen Frakturen. Eine Wirksamkeit hinsichtlich Oberschenkelhalsfrakturen ist nicht belegt worden" (Anlage ASt EV 2, dort unter Ziffer "4.1").
Außerdem war in der Fachinformation unter "Ziffer 5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften" zur Studie Mo 2322 Mo 2322 angegeben:
"In dieser Studie wurde keine Reduktion der nicht-vertebralen Frakturen oder Oberschenkelhalsfrakturen beobachtet, jedoch war die Studie nicht spezifisch dafür angelegt, dies zu belegen" (Anlage ASt EV 2, dort unter Ziffer "5.1").
Schon zur Zeit des Widerspruchsverfahrens ist die Fachinformation "Vaaaaa(r) 3 mg/3ml Injektionslösung in einer Fertigspritze" geändert worden; demgemäß ist das Arzneimittel für folgende Anwendungsgebiete zugelassen:
"Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko (siehe Abschnitt 5. 1). Eine Reduktion des Risikos vertebraler Frakturen wurde gezeigt, eine Wirksamkeit hinsichtlich Oberschenkelhalsfrakturen ist nicht ermittelt worden" (Anlage AG 10, dort unter Ziffer "4.1").
Unter Ziffer "5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften" heißt es nunmehr u. a.:
"Unabhängige Risikofaktoren, z. B. Knochenmineraldichte, Alter, Frakturen in der Anamnese, Frakturen in der Familiengeschichte, hoher Knochenumbau und niedriger BMI (body mass index) sollten bei der Identifizierung von Frauen mit einem erhöhten Risiko für osteoporotische Fra...