Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine Beschlussverfügung im Widerspruchsverfahren abgeändert bestätigt, so ist eine erneute Vollziehung erforderlich, wenn die Abänderung ggü. dem früheren Verbot "unwesentlich" ist, d.h. entweder nur eine Klarstellung oder nur eine Beschränkung des Verbots erfolgt ist.
2. Zur vorgenannten zweiten Alternative gehören alle die Fälle, in denen im Widerspruchs- und/oder Berufungsverfahren ausgrenzbare Verbotseinschränkungen ggü. der Beschlussverfügung erfolgen. Das ist z.B. bei der bloßen Konkretisierung eines zuvor allgemein gefassten Verbots gegeben, oder wenn z.B. die einstweilige Verfügung nur in einigen Ziffern des Verbotsausspruchs bestätigt wird, während die übrigen Ziffern entfallen. Entsprechendes gilt bei mehreren Begehungsformen, die im bestätigenden Urteil nur teilweise übernommen werden.
3. Allerdings ist eine erneute Vollziehung stets dann erforderlich, wenn die Verfügung im Widerspruchs- oder Berufungsverfahren erweitert oder im Sinne eines aliud inhaltlich geändert wird.
4. Wird ein Verbotsausspruch, welcher lediglich im Hinblick auf die unter einer bestimmten Domain abrufbare Internetwerbung erlassen worden ist, mit der Maßgabe bestätigt worden, dass die zunächst in dem Verbot enthaltene Angabe der Domain entfällt, liegt darin eine erhebliche Ausweitung des Verbots. Damit ist nicht nur die im Internet unter der zunächst genannten Domain abrufbare Werbung der streitgegenständlichen Art, sondern jegliche Internetwerbung der streitgegenständlichen Art verboten worden, und zwar unabhängig davon, über welche Domain diese Werbung zugänglich ist.
5. Zur Anwendbarkeit deutschen Wettbewerbsrechts:
Wenn es um die Beurteilung von Maßnahmen bei der Gewinnung von Kunden geht, ist der Ort Marktort, an dem diese Maßnahmen auf den Kunden einwirken sollen, und auch dann der für die Bestimmung des anwendbaren Rechts maßgebliche Ort der wettbewerblichen Interessenkollision, wenn der spätere Absatz auf einem anderen Markt stattfinden soll. In einem solchen Fall ist zwar auch das Absatzinteresse anderer Wettbewerber auf diesem Markt berührt, es handelt sich aber insoweit nur um Auswirkungen des zu beurteilenden Wettbewerbsverhaltens, die nicht zur Anwendbarkeit des Rechts des Absatzmarktes führen.
Normenkette
ZPO § 929 Abs. 2; UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1; HWG § 11 Nrn. 4, 7
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 24.11.2006; Aktenzeichen 406 O 221/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil des LG Hamburg vom 24.11.2006 - 406 O 221/06, abgeändert:
Die einstweilige Verfügung des LG Hamburg vom 26.7.2006 - 327 O 486/06, wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Antragstellerin zur Last.
Gründe
I. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch.
Die Parteien sind Wettbewerber. Die Antragstellerin betreibt im Internet die Website www.c.-box. de, auf der sich u.a. Informationen und Links zum Thema Penismodifikationen finden und diverse Produkte hierzu angeboten werden. Der Antragsgegner ist Inhaber der Domain www.m.-klinik.de, über die u.a. operative Penisvergrößerungen beworben werden (Anlagen A 1 und A 2).
Unter den URLs www.m.-klinik.com/sp/, www.m.-klinik.com/fr/und www.m.-klinik.com/en wurde das Angebot der Männer-Klinik im Hinblick auf Penisvergrößerungen jeweils in spanischer, französischer bzw. englischer Sprache beworben. Im oberen linken Seitenbereich der abrufbaren Webseiten waren jeweils Darstellungen von Personen in Berufskleidung (Kittel, Mundschutz und Kopfhaube) bei der Durchführung einer Operation abgebildet (Anlage A 3/1 und A 3/3). Unter der URL www.m.-klinik.com/en/der-ablauf.htm wurden in englischer Sprache Penisvergrößerungen beworben. Im mittleren rechten Seitenbereich war ein mit einem Kittel bekleideter Unterarm erkennbar, der eine Operationslampe in Position bringt (Anlage A 3/2). Unter der URL www.m.-klinik.com/en/bsp-risiken.htm wurden zudem drei Fotos einer misslungenen operativen Penisvergrößerung abgebildet. Dazu hieß es in englischer Sprache: "We show you the following pictures to give you an idea of what can happen when unexperienced surgeons try to do a penis enlargement" (Anlage A 4). Auf der deutschen und deutschsprachigen Website des Antragsgegners waren weder die Abbildungen von Personen in Berufskleidung, noch die Fotos der missglückten operativen Penisverlängerung enthalten. Die fremdsprachigen Websites waren bei unmittelbarer Eingabe der o.g. vollständigen URLs erreichbar.
Mit Schreiben vom 14.7.2006 ließ die Antragstellerin den Antragsgegner abmahnen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die bildliche Darstellung von Personen in Berufskleidung gegen § 11 Abs. 1 Nr. 4 HWG verstoße. Die bildliche Darstellung der missglückten Penisoperation verstoße gegen § 11 Abs. 1 Nr. 7 HWG (Anlage A 6 = Anlage WS 3). Der Antragsgegner war jedoch nicht bereit, dem Unterlassungsbegehren der Antragstellerin zu entsprechen. Er ließ unter dem 20...