Leitsatz (amtlich)

1. Werden Arzneimittel mit einer markenrechtlich geschützten Bezeichnung vom Parallelimporteur in eine neue, vom Parallelimporteur hergestellte äußere Verpackung unter Anbringen der geschützten Marke „umgepackt”, so ist eine Markenverletzung mangels gemeinschaftsrechtlicher Erschöpfung gegeben, weil das wegen der Möglichkeit der Bündelpackung (hier: sechs einzeln verpackte Fertigspritzen zu einem Gebinde mit sechs Stück) nicht erforderlich ist.

Das gilt uneingeschränkt auch bei „zentral” zugelassenen Arzneimitteln, die für die Europäische Arzneimittelzulassung tätige EMEA hat eine nur beratende Funktion und hat dem Parallelimporteur auch vorliegend keine (bindende) Weisung erteilt, die einer Bündelung entgegenstehen könnte.

2. In der Gebrauchsinformation eines parallelimportierten Arzneimittels ist der Parallelimporteur in dieser seiner Funktion anzugeben. Das bedeutet nicht etwa, dass er sich – möglicherweise sogar missverständlich – als „Hersteller” zu bezeichnen hätte. Der Parallelimporteur ist pharmazeutischer Unternehmer i.S.d. § 4 Abs. 18 AMG.

 

Normenkette

AMG § 4 Abs. 14 und 18, § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 5; MarkenG §§ 14, 24; UWG § 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg

 

Tenor

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 100.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin – ein Pharmaunternehmen – stellt das zentral zugelassene Arzneimittel N. zur Behandlung verschiedener Anämie-Formen her, an dessen Bezeichnung N. sie als Lizenznehmerin Markenrechtsschutz genießt (vgl. wegen der Eintragung und Umschreibung der für „rezeptpflichtige Arzneimittel” eingetragenen Klagemarke N. Nr. …: Anlagen ASt 6–7; vgl. wegen der Ermächtigung der Antragstellerin zur Prozessführung durch die Markeninhaberin: Anlagen ASt 8a, 8b).

Die Antragsgegnerinnen befassen sich mit dem Parallelimport von Arzneimitteln. Von ihnen wird das italienische Arzneimittel N. (Anlage ASt 2) nach Deutschland importiert, in eine von ihnen selbst gefertigte äußere Umverpackung umgepackt und im Inland vertrieben (Anlagen ASt 3a – 3e, 4a – 4e). In den von den Antragsgegnerinnen beigefügten Gebrauchsinformationen ist als „Hersteller” die Antragstellerin angegeben, Hinweise auf die Antragsgegnerinnen fehlen dort (Anlagen ASt 5a–5e).

Die Antragstellerin beanstandet das Umpacken des Arzneimittels N. in neue äußere Umverpackungen als Markenrechtsverletzung und die Verwendung der Gebrauchsinformation der Antragsgegnerinnen als wettbewerbswidrig.

In dem Ausfuhrland Italien – aus dem das parallelimportierte Arzneimittel N. (Injektionslösung in Fertigspritze) stammt – gibt es das Präparat nur in der Packungsgröße mit jeweils einer Fertigspritze (Anlage ASt 2), das gilt für alle im Verbotsausspruch genannten Dosierungsstärken. Im Inland wird das Arzneimittel N. (Injektionslösung in Fertigspritze) in denselben Dosierungsstärken, aber nur in der Packungsgröße (N 1) zu jeweils sechs Fertigspritzen vertrieben (vgl. Anlage AG 2).

Das LG hat mit dem angefochtenen Urt. v. 19.12.2000 seine einstweilige Verfügung vom 30.10.2000, mit der den Antragsgegnerinnen unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden ist,

1. das Arzneimittel N. (Injektionslösung in Fertigspritze) in den Dosierungsstärken 1.000 IE, 2.000 IE, 3.000 IE, 5.000 IE oder 10.000 IE italienischen Ursprungs für den Vertrieb in der Bundesrepublik Deutschland in neue äußere Umverpackungen mit 6 Fertigspritzen umzupacken und auf diesen Packungen die Marke N. anzubringen und/oder derart gekennzeichnete Umverpackungen feilzuhalten oder in Verkehr zu bringen;

2. die in Ziff. 1. genannten Arzneimittel mit Gebrauchsinformationen in Verkehr zu bringen, in denen die Antragsgegnerinnen nicht als Hersteller mit angegeben sind;

mit der Maßgabe bestätigt, dass es in dem Verbotsausspruch zu 2. nunmehr heißt:

„… in denen die Antragsgegnerin zu 1) nicht als Hersteller mit angegeben ist”.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerinnen. Die Antragstellerin verteidigt den Unterlassungsantrag in dem Umfang, in dem das LG seine einstweilige Beschlussverfügung bestätigt hat.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerinnen hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG seine einstweilige Verfügung bestätigt.

I. Der Unterlassungsantrag gem. dem Verbotsausspruch zu 1) der Beschlussverfügung ist auch nach Auffassung des Senats gegenüber beiden Antragsgegnerinnen begründet.

1. Gegenstand des Unterlassungsantrages ist der Vertrieb des aus Italien parallelimportierten Arzneimittels N. (Injektionslösung in Fertigspritze) in den genannten Dosierungsstärken unter Verwendung von neuen (seitens der Antragsgegnerinnen hergestellten) äußeren Umverpackungen, und zwar für die Packungsgröße mit jeweils sechs Fertigspritzen.

2. Zutreffend hat das LG den Unterlassungsantrag aus den §§ 3, 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 35 MarkenG als begründet angesehen.

(a) Nach 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identische...

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